3. Blumenbergtage: Passion und Begriff

Blumenbergs Denkwege, die eine immer wieder überraschend breite Themenvielfalt für uns aufschließen, sind ebenso eigensinnig wie aktuell: Sein Interesse an existenziellen Kostanten führt in zu menschengeschaffenen Bildern, die dem Zeigen, dem Aufzeigen und nicht zuletzt der Orientierung in der Wirklichkeit verbunden sind. Das fragile Selbst verhandelt seine Positionen mit diesen Mitteln angesichts eines überzeitlichen Universums oder auch einer nicht selten befremdlichen Wirklichkeit. Im Zurechtkommen mit der Realität muss sich eine denkerische Beweglichkeit und ethische Gestimmtheit beweisen, die über die Reproduktion des Angelesenen hinausgeht. Als „absoluter Leser“ (R. Zill) setzt Textarbeiter Blumenberg deshalb auf das quellensichere Freilegen denkerischer Leitlinien und die Verdeutlichung des Offenen, Prozessualen und auch Unabgeschlossenen. Sein umfangreiches Werk ist voller Impulse, deren Wirkungen sich immer noch entfalten. Internationale Expert*innen und Künstler*innen nähern sich dem Kontinent Blumenberg an und erschließen sein immer noch aktuelles Schaffen für eine Welterschließung der Gegenwart.
Referent*innen
Lorenz Aggermann,
Theater- und Kulturwissenschafter, Autor, Dramaturg. Studium in Wien und Berlin; Lehrtätigkeit an der Universität Bern, der JLU Gießen und der ZhdK Zürich. Sein Denken fokussiert Fragen der zeitgenössischen Ästhetik sowie Aspekte von Theatralität/Alterität in Kunst und Alltag. Besonderes Faszinosum hegt er für Phänomene, die den Primat des Visuellen und des Intellekts unterlaufen, wie bspw. die menschliche Stimme.
Thomas Ballhausen
ist Autor, Kulturphilosoph und Literaturwissenschaftler. Er studierte Vergleichende Literaturwissenschaft, Deutsche Philologie, Philosophie und Sprachkunst, was auch seine internationale Tätigkeit als Lehrender, Kurator und Herausgeber deutlich prägt. Sein klares Interesse an Mediengeschichte, Ästhetik und Literatur als künstlerische Forschung schlägt sich sowohl in seinen wissenschaftlichen wie auch literarischen Arbeiten nieder. In beiden Feldern hat Ballhausen internationale Forschungsprojekte als auch interdisziplinäre Kooperationen in so unterschiedlichen Bereichen wie Film, New Media Art oder Musik entwickelt und erfolgreich umgesetzt. Zu seinen aktuellen Forschungsgebieten gehören Kulturen der Kritik, Erzählforschung und Intermedialität; er hat zahlreiche eigenständig Veröffentlichungen vorgelegt, u.a. Signaturen der Erinnerung. Über die Arbeit am Archiv (2015), Das Mädchen Parzival (2019), Nachtaktiv. Versuch über das Cahier (2023) und Unter elektrischen Monden (2023).
Thomas Cornelius Desi
ist österreichischer Autor, Komponist, Regisseur und künstlerischer Leiter der MUSIKTHEATERTAGE WIEN. Er studierte Musiktheorie und Komposition und gründete ZOON-Neues Musiktheater. Desi realisierte zahlreiche Musiktheaterarbeiten, veröffentlichte Texte zur Musiktheatertheorie und lehrte an der MDW. Sein Schwerpunkt liegt in der Auseinandersetzung mit biografischen Dispositionen und individueller Freiheit musikalischer Interpretation.
Thomas Erne
Geb. 1956 in Stuttgart, Dr. theol., Prof. em. für Praktische Theologie mit Schwerpunkt religiöse Ästhetik und Kommunikation an der Philipps-Universität Marburg. Von 2007-2022 Direktor des EKD-Instituts für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart an der Philipps Universität Marburg und langjähriger Herausgeber der Zeitschrift kunst und kirche. Aktuell: Webzine Kunst und Religion zu aktuellen Spannungsfeldern von Künsten und Religionen: www.kunst-religion.de
Elena Peytchinska
ist bildende Künstlerin, künstlerische Forscherin und Universitätslektorin an der Universität für angewandte Kunst Wien, Klasse für Bühnen- und Filmgestaltung. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen posthumane Studien, die Erschließung von Michel Serres' Werk im Kontext künstlerischer Forschung sowie Strategien kreativer Kollaborationen mit generativer KI.
Martin Poltrum
ist Philosoph, Psychotherapeut, Lehrtherapeut, Universitätsprofessor für Psychotherapiewissenschaft (PTW) an der Sigmund-Freud-Privatuniversität Wien (SFU). Leiter des Doktoratsstudiums in PTW an der SFU, Lehrtherapeut für Existenzanalyse an der Donau-Universität Krems. Er ist federführender Herausgeber der Fachzeitschrift Rausch – Wiener Zeitschrift für Suchttherapie die seit 2012 erscheint und des Oxford Handbooks of Mental Health and Contemporary Western Aesthetics das im Jänner 2025 bei Oxford University Press erschienen ist.
Anna-Maria Stadler
war Teil des Doktoratskollegs an der Interuniversitären Einrichtung „Wissenschaft & Kunst“ in Salzburg, ist Mitherausgeberin von „archipel - Zeitschrift für Kunst, Theorie und Literatur“ und Vorstandsmitglied im Kunstraum Fünfzigzwanzig. Aktuell ist sie Lektorin an der Universität Mozarteum Salzburg, der Kunstuniversität Linz und an der FH Salzburg. 2024 ist im Jung und Jung Verlag ihr zweiter Roman „Halbnah“ erschienen.
Rüdiger Zill
studierte Philosophie, Geschichte und Soziologie in Berlin und London. 1994 Promotion in Berlin mit der Arbeit Meßkünstler und Rossebändiger. Zur Funktion von Modellen und Metaphern in philosophischen Affekttheorien. Langjährige Tätigkeit als freier Autor für Rundfunk und Zeitungen; 1994 bis 1997 Mitarbeiter am Institut für Philosophie der Technischen Universität Dresden. 1997 bis 2024 Wissenschaftlicher Referent am Einstein Forum, Potsdam. 1996 Gastdozent an der New School for Social Research, New York; 2007 Research Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften, Wien. Mitherausgeber der Reihe Erbschaft unserer Zeit in der edition suhrkamp. Zahlreiche Publikationen u.a.: Der absolute Leser. Hans Blumenberg: Eine intellektuelle Biographie (2020).
Literaten: