Der Titel les corps caverneux spielt nur vordergründig auf das sexuelle Verlangen an, dessen aufständisches Verlangen sich im Buch vor allem im Kapitel „désir ne nuages“/“wolkenverlangen“ manifestiert. In erster Linie aber beziehen sich die „höhlenkörper“ auf die Höhlen in uns, in Analogie zu den prähistorischen Höhlen: Diese Höhlenkörper sind die leeren Räume, die Löcher und Risse, die wir alle gemeinsam haben und die wir versuchen mit allen Mitteln zu füllen. In jedem Kapitel dieses Buches wird ein neuer Angriff auf diese intimen Atemräume heraufbeschworen, woraus eine Musik hervorgeht, eine Musik aus den Höhlen unserer Körper, die es uns ermöglicht, uns aufzurichten und wachsam zu bleiben.
So steigen etwa Gedichte auf, winken der Musik zu wie in „Wolkenbegehren“. Erscheinen als blaue Töne, wie ein atmender Klangfluss, der je nach Dringlichkeit oder äußerer Bedrohung an- und abschwillt. Der Mensch besteht aus Wasser, Fleisch und Fels.
Laure Gauthier und Olivier Mellano haben sich gemeinsam einen Weg durch Gauthiers les corps caverneux gebahnt: „les corps cav.“ („Die höhl.körper“) oder auch „désir ne nuages“ („wolkenverlangen“). Während die Autorin tief hinabruft und versucht, sich in Worten eine Musik unserer leeren Räume vorzustellen, schöpft der Gitarrist Mellano die seine aus der Stille, die die Worte verlängert. Seine Musik entfaltet sich wie ein Heiligenschein, der sich für eine 60-minütige Überfahrt, an die Grenzen eines Jenseits der Sprache anschmiegt.
Barbara Rauchenberger