Der Gründer des Kulturzentrums bei den Minoriten starb am 29. November 1999, also heute vor 25 Jahren. Anlässlich seines 25. Todestages erinnert das KULTUM seinen Gründer, der von 1975 bis 1999 nicht nur zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern Auftrittsmöglichkeiten verschaffte, sondern der mit seinem Label "Kunst und Kirche" auch ein weit über die Grenzen hinaus wirkendes Kulturzentrum prägte, das auch die zweite Hälfte seiner 50 Jahre das Verhältnis von Gegenwartskunst und Religion in mehreren Kunstsparten kreativ und beharrlich weiter bearbeitet hat – bis heute. Im Herbst 2025 wird eine große Schau zu "GOTT HAT KEIN MUSEUM" zu sehen sein: Das KULTUM als Museum für Gegenwartskunst und Religion wird darin eine Auswahl seiner umfangreichen Sammlung zeigen, die danach fragt, wie Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts vorkommt.
Diese Fragestellung steht "im Bann einer großen Erzählung", die als Auftakt zu diesem Jubiläumsjahr steht und die ich respektvoll Josef Fink als sein Lebensmotto umhänge, wohl wissend, dass die großen Erzählungen gerade in seiner Lebenszeit zu Ende gegangen sind – das sehen wir in den aktuellen Wirren immer mehr.
Seit den frühen 1960 er Jahren war Fink künstlerisch tätig und zeigte zahlreiche Ausstellungen (mehr als 150); außerdem gestaltete er zahlreiche Sakralräume von beachtlicher Qualität. Von den Anfängen des Holzschnitts und der Radierung von Bibelszenen in spätexpressionistischem Gestus wandte er sich von der Figuration ab den späten 1960er Jahren vollkommen ab und versuchte sich in unterschiedlichsten stilistischen Ausprägungen vor allem in der Malerei; erstaunlich dabei: die abstrakte Fotografie ist auch nach Jahrzehnten von erheblicher Qualität. Vor allem seine Bilder, die in seinen zahlreichen Reisen nach Israel/Palästina entstanden sind, sind unvergesslich. Er hat sich auch dem Dialog mit dem Judentum und dem Verhältnis der Theologie mit den Naturwissenschaften gewidmet.
Zeit seines Lebens stand er, der so schillernd in der Öffentlichkeit präsent war – als Künstler, Künstlerseelsorger (wie das damals hieß...), Kritiker, Zeitungskolumnist, Drehbuchautor, Lyriker u.v.m. – "im Bann (s)einer großen Erzählung": Diesem Motto geht die Ausstellung nach und zeichnet ihn als eine lebendige Figur des Aufbruchs und Umbruchs, die ein Label in die Öffentlichkeit trug, die in dieser Form unvergleichlich war.
Nach der Übernahme einer umfangreichen Schenkung seiner Erbinnen (Dr. Maria Schultze, Dr. Hildegard Keil, Mag. Renate Koller, DI Elisabeth Koller) an das KULTUM an seinem 25. Todestag wird das Werk Josef Finks noch einmal einer gründlichen Relecture unterzogen und vom 28. Februar bis 17. April 2025 in einer umfangreichen Schau der Öffentlichkeit vorgestellt. Auch weitere Leihgeber stellen Werke zur Verfügung, u.a. die Erbin der Sammlung Karl Pauritsch (die das Frühwerk von Fink mit fast 1000 Werken birgt und das in seinen Einzelblättern auch erworben werden kann.)
Im neu renovierten Minoritenzentrum – im Eingangs- und Barbereich, im „kleinen Minoritensaal“, auf drei Etagen des neuen Stiegenhauses West und in den Museumsräumen des Minoritenklosters im II. Stock – setzt der Wiener Künstler Michael Endlicher vielschichtige Zeichen zur Sprache, dramatisiert sie ironisch: Starke Kontrapunkte befördern ebenso starke Neuinterpretationen dieses Ortes. Bei „aktuelle kunst in graz – Galerientage“ wurde die Ausstellung ZEICHEN – SPRACHE – IRONIE eröffnet.
Eine permanente Wandinstallation im obersten Teil des neu errichteten Treppenhauses ist für diese Ausstellung entstanden und wird Teil eines neuen Museumszugangs; sie interpretiert den Ort „Mariahilf“ neu: „HERZ MARY“ kondensiert ein bekanntes Wallfahrtslied dieses Ortes und setzt den gesprayten Buchstaben zwei „Fremdworte“ als reale Buchstabenbilder entgegen: Die mittelalterliche Mystikerin Hildegard von Bingen schuf ein seltsames Lexikon mit mehr als 1000 Fremdwörtern in einer eigenen Geheimsprache. Jene für „Gott“ und „Teufel“ lauten: „AIGONZ“ und „DIJELIZ“ – sie treffen sich hier im „Z“ von „HERZMARY“.
Die Titel der Ausstellungen „DER KRIEG IST AUS!“ und „NIE WIEDER KRIEG!“ in Klagenfurt und Graz sowie jener der Land-Art-Installation „DIE WAFFEN NIEDER!“ in Breitenbrunn/Bgld, haben einen flehenden Charakter, wie er eindringlicher nicht sein könnte. Er erinnert an das humane Inferno unserer eigenen Geschichte, aber auch der eigenen Gegenwart. Im Inferno im Osten dieses Kontinents „Europa“, aber auch im so genannten „Heiligen Land“, das in einer tiefen politischen Ausweglosigkeit steckt, appelliert er für ein einfaches Wort: FRIEDEN! Die Wurzeln des Infernos liegen aber nicht weit weg, sondern auch bei uns vor der Haustüre, in unserer eigenen Mentalitäts-, ja Religionsgeschichte, die gleichsam eine Matrix für die Weltgeschichte sein kann. (Noch) leben WIR im Frieden, doch was in der Ukraine, in Israel/Palästina passiert, kann niemanden kalt lassen, schon gar nicht Institutionen, deren Aufgabe es ist, der Gesellschaft Kunst zu zeigen und zu vermitteln: Das MMKK, das Museum Moderner Kunst Kärnten, und das KULTUM, das Museum für Gegenwart, Kunst und Religion in Graz, präsentieren mit dieser Doppelausstellung eine in Kärnten lebende Künstlerin, die früh am internationalen Parkett Fuß gefasst hat und deren Botschaften trotz ihres offensichtlichen und frühen Erfolgs für manche Expert*innen der Binnenkunstwelt vielleicht überdeutlich, mitunter befremdlich und gänzlich ungebrochen daherkamen. Dieser Reserviertheit stellen wir uns, gerade angesichts unserer derzeitigen Weltlage, mit dieser Ausstellung dezidiert entgegen. Die Zeit ist reif für eine solche Kunst, wie sie Zenita Komad macht.
Die 1980 in Klagenfurt geborene Künstlerin verließ bereits mit 16 Jahren die Schule, um – hochbegabt – an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien die Meisterklasse für Bühnenbild zu besuchen. Ab 1998 studierte sie an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Franz Graf Malerei.
Zenita Komads Laufbahn war von Beginn an unkonventionell. Ihre markante Persönlichkeit und ein unvergleichliches künstlerisches Werk von außergewöhnlichen grafischen und skulpturalen Arbeiten, Objektbildern und Installationen bis hin zu szenischen Inszenierungen, die unauflösbar miteinander verknüpft sind, brachten rasch Erfolg, bescherten Einlass in die führenden österreichischen Galerien und sorgten für nationale und internationale Aufmerksamkeit. Bald zählte sie zu den „100 Artists Younger than Jesus“.
Die Künstlerin begann ihren Weg in „Zenita-City“ und steht heute im Mittelpunkt von „Zenita Universe“, einem geistigen Kosmos, in dem sich Familie, Freund*innen, Weggefährt*innen, Kooperationspartner*innen und viele Personen mehr verbinden, sich der Ideenwelt der Künstlerin anschließen und das Ansinnen rund um den substantiellen Wunsch nach einem harmonischen Miteinander in einer gedeihlichen Welt teilen. Die Vorstellungen, die ihren Ausgang in der immer wieder verblüffend kombinierenden Gedankenwelt der Künstlerin nehmen, werden über ihr Werk in klaren Statements, starken Botschaften und kraftvollen Bildern sowie poetischen Inszenierungen weitergetragen, die die Rezipierenden frappieren und ihren Gang in die Welt finden. Immer mit der Intention, die Menschen zu erreichen und die Welt zu verbessern.
Das Museum kann aber ein Friedensbüro werden, wie es Zenita Komad im KULTUM in Graz vorexerziert. Zehn Frauen und zehn Männer, deren Lebenswerk mit dem Thema „Frieden“ in Verbindung gebracht wird, vernetzen sich von ihren jeweiligen Positionen in der Bildergalerie in den gesamten Raum; deren Fäden finden in den beiden Händen der Künstlerin an den beiden gegenüberliegenden Wänden des ehemaligen Refektoriums zusammen. Oder das Museum wird zur Präsentationsfläche eines lang genähten „Briefs an den lieben Gott“: Zu finden im langen Korridor des Klosters. Die Weltlage hat es not.
„DER KRIEG IST AUS!“ schallt Zenita Komads Appell vom Burghof in Klagenfurt in den Äther. Geschrieben mit „Buchstaben“ aus frisch gefällten Baumstämmen, die als solche auch eine brutale Note aufweisen. Im Hof vor dem barocken Minoritensaal in Graz – einem von der Fürstenfamilie der Eggenberger in der Barockzeit gestifteten Sommerrefektorium für die Franziskaner-Minoritenbrüder – lautet selbiges kurz vor Ostern: „NIE WIEDER KRIEG!“. Verzweifelt und sehnsüchtig nach Frieden ringend, im gleichzeitigen Bewusstsein der Aussichtslosigkeit, formuliert die Künstlerin umso vehementer ihre Anliegen, für die sie uns alle als Mitstreiter*innen gewinnen möchte. Dafür ist es höchste Zeit. Wir hoffen, ihre Bilder, Visionen und Appelle finden mit den beiden Ausstellungen ihr notwendiges, ebenso entschiedenes Publikum.
Christine Wetzlinger-Grundnig, Direktorin Museum Moderner Kunst Kärnten