Jahresrückschau
Tiefenarbeit im Corona-Lockdown
Die Corona-Lockdowns bedeuten für viele auch ein Nachdenken über das Warum und Wieso und Woher und Wozu ...
Das KULTUM hat diese Zeit genutzt (bzw. nutzt diese Zeit), um seine Programmzeitung neu zu konzipieren, sein Erscheinungsbild zu überdenken und um sein digitales Tor zur Öffentlichkeit vollkommen neu aufzusetzen. Das bedeutete die je laufenden Ausstellungen in Form digitaler Kanäle neu zu bespielen und in Form von "Miniführungen" in sozialen Netzwerken die Ausstellung zu vermitteln.
Auf das Gesamte des KULTUM bedeutete es aber vor allem zunächst innehalten: Was will man zeigen? Wofür ist man da? Was von Gestern ist auch heute attraktiv? Was können wir an Kunst vermitteln? Wir haben dabei tief in unserem Archiv gegraben. Wir stehen ja für einen Ort der Kunstpräsentation in mehreren Sparten und entwickeln dabei ein neues Museum, das immer neu in Form neuer Ausstellungen weiterschreibt. Jede Ausstellung trägt so zum Prozess einer produktiven Musealisierung bei. Und immer wieder kommen neue Werke zu unserer immer größer werdenden Sammlung hinzu. Im Jahr 2020 waren es Werkblöcke von Reinhild Gerum, Erwin Lackner, Iris Christine Aue und NINA Kovacheva und Valentin Stefanoff.
Das KULTUM stellen wir im virtuellen Raum in fünf Rubriken vor: „KULTURZENTRUM”,„AKTUELLES/TERMINE”, „MUSEUM”, „LESERAUM” und „LEHRHAUS”.
Unter „KULTURZENTRUM” werden die Sparten in ihren jeweiligen "Mission-Statements" und in den Programmarten vorgestellt. Aktuelle Fotostrecken laufender Veranstaltungen geben einen kurzen Rückblick und Einblick in die Atmosphäre des jeweiligen Tages. Das hat uns Corona zwar empfindlich "versalzen", dennoch: Es gibt auch für 2020 wunderbare Rückblicke.
„AKTUELLES/TERMINE” bringt die aktuellen Veranstaltungen im Kalender, die Fotos aus den eben zurückliegenden Veranstaltungen, sowie die Artikel und Essays, die zu aktuellen Ereignissen entstehen.
Das KULTUM versucht, die in ihm gezeigte Kunst mit Sprache zu vermitteln und zu reflektieren: In der Rubrik „LESERAUM” finden sich die für das KULTUM so typischen Programmzeitschriften online, sodann eine Übersicht über Ausstellungs- und Künstlerkataloge (2020 kamen Kataloge von Reinhld Gerum und Alois Neuhold hinzu) bis hin zu wissenschaftlichen Beiträgen und expliziten Büchern zum Themenfeld „Kunst und Religion”. Sie alle sind auch real im KULTUM im neuen „Leseraum”, der auch in dieser Corona-Zeit entstanden ist, anzuschauen und zu erwerben.
Neu ist die Rubrik „MUSEUM”, das sich nun aus drei Eingängen "besuchen" lässt: Als "Museum in 10 Räumen" wird erstmals unsere aus den Ausstellungen der letzten 20 Jahre entstandene Sammlung der Öffentlichkeit präsentiert. Hunderte Seiten sind mittlerweile in kurzen Werktexten lesbar. Dieses Museum, das ja nicht als realer Raum, sondern als virtueller Durchgang zu begehen ist, ist wie eine einzige große Kunsthalle aufgebaut. Sie wurde in Buchform erstmals im dreibändigen Buchmuseum "Gott hat kein Museum" (2015) vorgestellt. Seither ist freilich viel geschehen! In zehn imaginären Museumsräumen werden unterschiedliche Aspekte von Religion in der Gegenwartskunst beleuchtet: Fragilität von Wahrheit, ein neuer Blick auf christliche Ikonografie heute, Ethik und Ästhetik, die Medialisierung des Glaubens, Fundamentalismus und Religion, Abgründe von Existenz (und Glaube), Tod und Endlichkeit, Geburt und Anfang, Medialisierung des Bildes und die (Un-)-Möglichkeit, Gott heute ins Bild zu setzen.
Als „Museum in der Zeit” sind die Ausstellungen der letzten Jahre aufgereiht, die nach und nach auch virtuell besuchbar werden. Denn dieses Museum –noch einmal sei dies erwähnt – realisiert sich ja gerade in Form immer neuer Ausstellungen.
Das KULTUM ist aber auch ein Ort des Nachdenkens über alte Kunst, über das Erbe von Kunst und Kultur, das in die Gegenwart leuchtet: Im „Museum vor der Zeit” wird historische Kunst in die Gegenwart geholt, indem wir ihre innewohnenden Erzählungen ins Heute übersetzen möchten. Mit dem Ansatz bildtheologischer Forschung wird seit mehr als 15 Jahren in universitären Lehrveranstaltungen dieser Aspekt verfolgt, der auch in Vorträgen und Publikationen seinen Niederschlag findet.
Im Jahr 2020 waren es die Lehrveranstaltungen von Johannes Rauchenberger "Einschulung in die Poesie der Gottesbilder" an der Uni Wien und Kunst Raum Liturgie (gemeinsam mit A. Kölbl) an der Uni Graz. Bedingt durch Corona mussten sie großteils virtuell abgehalten werden. Dabei entstanden – mit Alex Stocks "Poetischer Dogmatik – Vorlesungen über Bilder zu Pfingsten und seiner Einbildungskraft, Heiligmacher, Geist und Welt, sowie Taufe, Gnadenstuhl und Dreifaltigkeit. In der Rubrik „Lehrhaus” sind die entsprechenden Bilder einsehbar.
Auch in den vom KULTUM hauptverantworteten Großausstellungen wie „Himmelschwer. Transformationen der Schwerkraft” (Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas), bei „Glaube Liebe Hoffnung. Zeitgenössische Kunst reflektiert das Christentum” (2018, in Kooperation mit dem Kunsthaus Graz), oder bei „Last & Inspiration. 800 Jahre – 8 Fragen" (2018, in Kooperation mit dem Diözesanmuseum Graz), wurde/wird diese historische Dialogsituation alter und neuer Kunst bearbeitet.
Das KULTUM hat als „Museum vor der Zeit” zwar keine historischen Werke im Depot. Es macht sich deshalb für einen Museumsbegriff von Sakralkunst stark, der die Werke der Vergangenheit nicht im Museum, sondern in den Kirchen dieses Landes sucht. Für „800 Jahre Diözese Graz-Seckau” hat das KULTUM die Schönheit steirischer Sakralkunst, romanische, gotische, barocke und gegenwärtige in Form von Videoportraits als Ausstellung konzipiert.
Ausstellungen
Von den ursprünglich projektierten Ausstellungen konnten insgesamt fünf auch real umgesetzt werden, zwei wurden aufgrund der Veranstaltungssperre und der beiden Lockdowns im Zuge der Corona-Pandemie in das Jahr 2021 verschoben.
Joseph Marsteurer: Bilder ohne Kunst (11.1.–15.2.2020)
Der Künstler zeigte vom 11. Jänner bis 15. Februar 2020 „möglichst schöne, möglichst kunstferne“ Motive (die kleinen Paradiese der Urlaube zum Beispiel), die aber trotz der Genialität des Schöpfers dieser Bilder nach dessen Behauptung KEINE Kunst sind – sondern „Abmalerei“. Es sind also „Bilder ohne Kunst“. Die Ausstellung wurde von einem Künstlergespräch gerahmt, bei der Eröffnung in Kooperation mit der Galerie reinisch contemporary realisiert und während der Ausstellungszeit auch von mehreren Schulklassen besucht.
"Bilder ohne Kunst". TV-Bericht in ORF III, am 15. Jan. 2020
Kunstaschermittwoch im KULTUM und in St. Andrä (26.2.2020)
Im Zentrum des Kunst-Aschermittwochs 2020 im KULTUM und in St. Andrä standen private und globale Paradiese, ihr Scheitern und ihre Bedrohung. Nach der Ausstellungseröffnung der Ausstellungen von Erwin Lackner und Iris Christine Aue im KULTUM wurde der Kunst-Aschermittwoch in die Aschermittwochsliturgie in St. Andrä weitergeführt. Dort haben sich zwischen den „Essbaren Geschichten“ der Grazer Stadtschreiberin Volha Hapeyeva, die Ninja Reichert gelesen hat, Miniaturen für Orgel (Uraufführungen!) aus der Neuen Musik von Alexander Bauer, Matthias Leboucher, Adam McCartney, Veronika Mayer, Christoph Herndler eingefügt.
Dazu waren in den Bankreihen 40 „Foodporn“-Bilder von Erwin Lackner, die unseren Appetit auf Gott möglicherweise verstellten, während sein vor dem Altar liegendes gekreuztes Boot jede Vorstellung für ein Weiterkommen im Wasser aus den Angeln gehoben hat: Die damals neu entbrannte Flüchtlingsdebatte in Europa wie der kurz darauf plötzlich hereinbrechende erste Lockdown um das Corona-Virus waren das historische Echo dieser eindrucksvollen Installation. Und eine mit Feuerwehrschläuchen umwickelte barocke Sessio von Franz Konrad hat uns sehr deutlich darauf hingewiesen, dass wir die brandaktuellen Probleme dieser Welt nur gemeinsam löschen können.
Erwin Lackner: Kreuzfahrer (26.2.–29.3.2020)
„Wie wir leben wollen“: Die Konfrontation mit dem Luxus auf der einen und mit dem allgemeinen Leid dieser Welt auf der anderen Seite bildete das Zentrum der Ausstellung von Erwin Lackner in der Fastenzeit 2020, die das Paradiesmotiv in diesem Ausstellungsjahr mit dem Aschermittwoch 2020 einleitete. „Kreuzfahrer“ erwies sich dabei als vielschichtiger und ambivalenter Titel für Werke, die Ölbilder, animierte Schriftbilder, Skulpturen, aber vor allem Grafiken, für die der Künstler mit einem Artmarker-Stift ein ganz spezielles Verfahren entwickelt hat, umfassten. Neu für diese Ausstellung ist ein so gezeichneter Kreuzweg-Zyklus entstanden, der Teil des KULTUMdepots wurde. Lackner griff mit formal sehr unterschiedlichen Zugängen große Fragen der Gegenwart auf und übersetzte sie konsequent in seine ihm eigene Bildsprache. Es waren Bildbotschaften für unser aktuelles Jetzt eines reifen Künstlers kurz vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Im Zuge der Aschermittwochsliturgie in Graz-St. Andrä wurde diese Ausstellung eröffnet. Die Sendung „Orientierung“ (ORF 2; Gestaltung: Christian Rathner) hat die Ausstellung Zehntausenden ZuseherInnen nahe gebracht.
Iris Christine Aue: Himmel&Hölle (26.2.–29.3.2020)
Bedrohte, fragile, aneinander gefesselte Körper erzählten in der Ausstellung von Iris Christine Aue vom täglichen Machtgefälle in menschlichen Beziehungen. „Himmel & Hölle“ erschien in ihren Arbeiten als täglich erlebte Polarität im ebenso täglichen menschlichen Beziehungsgewebe: Die Ausstellung erhielt im Kontext des 1. Lockdowns in der Coronapandemie 2020, die als allgemeine gesellschaftliches Eingesperrtsein erlebt wurde, eine gespenstische Aktualität.
Die Ausstellung wurde ebenso in der Sendung „Orientierung“ einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Darüber hinaus wurden beide o.g. Ausstellungen nach der Schließung in Form von Miniführungen durch Kurator Johannes Rauchenberger weiterhin besprochen – eine erste Reaktion auf den Lockdown, die viel Resonanz gebracht hat. Teilweise waren dabei über 800 Zugriffe für eine Führung zu verzeichnen.
Alois Neuhold: Innergärten und Trotzdemblüten – verstreute Blütenblätter aus dem Gartenbuch eines verlorenen Paradieses … (15.5.–10.10.2020)
Mitten in der totalen Lockdownphase der Corona-Pandemie um Ostern 2020 hat schließlich der Künstler Alois Neuhold im KULTUM Graz in völliger Einsamkeit diese Ausstellung aufgebaut: Diese „Innergärten und Trotzdemblüten“ wurden anfangs zu einem lebendigen Gegenbild zur noch nie vorgekommenen Schließzeit aller öffentlicher Lebensbereiche jener Tage: Kunst als Anspruch von Präsenz, von Energie, von Klarsicht und von Verheißung jenseits von jäh versiegten Besucherströmen, Verschluss- oder Museumsöffnungsdebatten jener Zeit. Die Schau wurde am ersten möglichen Öffnungstag am 15. Mai 2020 eröffnet: Das KULTUM war somit das 1. Museum der Steiermark, welches öffnete. Die Ausstellung transformierte sich unversehens in ein ästhetisch eindrucksvolles Erinnerungsdokument in einer kollektiven Menschheitserfahrung des jähen Stillstands, die nicht zuletzt von radikalen Ängsten geprägt war – und zum Zeitpunkt des Projektberichts noch immer ist.
Zusätzlich fand die Ausstellung auch noch während einer radikalen Umbauphase des Minoritenklosters statt, in dem die Museumsräume untergebracht sind; die Zugänglichkeit zu den Ausstellungsräumen war dadurch extrem erschwert. Erneut war sie ein starkes Gegenbild zu einer unzumutbaren Umgebung für MuseumsbesucherInnen.
Trotz dieser aktuellen Umstände war die Schau schon lange vorbereitet. Die „Blumenbilder“, denen sich der Künstler in der Schaffensphase der letzten Jahre widmete, wandelten sich nach und nach zu Metaphern für das Paradies, die – parallel zum Malprozess – auch in einem langen Text ihre sprachliche Form gefunden haben.
Trotz „Bechern und Krügen des Elends“, „Gräuelaltären“ und „weit offener Höllentore“, trotz „großteils verwüsteter Gärten der Schöpfung“ und einer gefühlten Apokalypse im Sozialen wie im Weltklima verstreute Neuhold seine „Blütenblätter aus dem Gartenbuch eines verlorenen Paradieses“ und kommt am Ende zur Aussage: „Die Kunde vom Paradies ist kein Fake“.
Zur Ausstellung von Alois Neuhold erschien ein Bildband im Verlag Bibliothek der Provinz, ein Textbuch und dieses als CD, gelesen von der Schauspielerin Ninja Reichart, war Teil der Eintrittskarte.
Die Ausstellung wurde von über 2000 Menschen gesehen: Sie wurde über den Sommer bis zum 4. Oktober verlängert. Während der Sommermonate war die Ausstellung mit neuen Öffnungszeiten von 17–20 Uhr besuchbar.
Begleitet wurde sie von insgesamt 11 Künstlergesprächen, die thematisch orientiert waren:
SO, 7. 6. 2020, 18–19.30 Uhr: Wir sind aus dem Paradies vertrieben.
SO, 14. 6. 2020, 18–19.30 Uhr: Ich künde und male von einem anderen Land ...
SO, 28. 6. 2020, 18–19.30 Uhr: Bereits der Blick in eine einzige Blüte ...
SO, 12. 7. 2020, 18–19.30 Uhr: Das Paradies ist nicht die heile Welt ...
SO, 26. 7. 2020, 18–19.30 Uhr: Das Paradies macht Mist. Die Hölle macht Müll.
SO, 9. 8. 2020, 18–19.30 Uhr: Am Ende des irdischen Lebens, der letzten Ausfahrt ...
SO, 6. 9. 2020, 18–19.30 Uhr: Gezeichnet von den Wundkerben und Schmerzscherben dieser Welt
SO, 20. 9. 2020, 18–19.30 Uhr: Von welchen Bildern wollen wir in Zukunft leben?
SO, 4. 10. 2020, 18–19.30 Uhr: Die Kunde vom Paradies ist kein Fake. Katalogpräsentation
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Zur Ausstellung erschien auch ein Film über Alois Neuhold, der Teil der Schau war (Regie, Schnitt: Elias Rauchenberger). Die umfangreichen Pressemeldungen (NEWS, Kulturzeitung 80, Sonntagsblatt, Radio Klassik, Kleine Zeitung, Steirerkrone, Kathpress,feinschwarz.net, miteinander u.a.) sind auf der Ausstellungsseite abrufbar.
"Paradise is temporarily closed." ninavale (NINA Kovacheva & Valentin Stefanoff) (24.10.2020–06.02.2021)
Die zweite große Ausstellung unter „Corona-Bedingungen“ war die Personale des in Paris lebenden, aus Bulgarien stammenden Künstlerpaars NINA Kovacheva & Valentin Stefanoff. Die Ausstellung wurde unter der Anwesenheit der KünstlerInnen am 24. Oktober eröffnet und musste wenige Tage aufgrund des 2. Lockdowns wieder geschlossen werden. So hatte die Ankündigung zum Lockdown aus dem Paradies eine ganz irdische Parallele: „Paradise is temporarily closed“. Die Schließsituation haben wir dergestalt kreativ genützt, als wir in Form von „Miniführungen“ die Ausstellung virtuell erzählt haben. Aufgrund der Verschiebung der im Jänner 2021 geplanten Ausstellung der photo graz 020 aufgrund der derzeitigen Situation können wir die Ausstellung bis zum 6. Februar 2021 verlängern.
Der Einblick ins verschlossene Paradies, die Versuchungen von ninavale und die Aufforderung zur Lebensfreude, das Finden einer neuen Sprache in leuchtenden Schachteln, ein Lauf als Lebenslauf, Engelsflügel und Teufelsblitz, ein Blick auf Adam und Eva als Kinder, ein Verkehrsschild in Richtung Paradies und ein iMac, dessen Cloud im Inneren seiner Hardware ein iHeaven zu sein vorgibt, sind etwa als Miniführungen zu sehen.
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Die Ausstellung, aber ebenso auch die virtuellen Führungen fanden ebenso eine hohe mediale Resonanz. Kleine Zeitung, Kulturzeitung 80, Sonntagsblatt, Steirerkrone, Steiermark-Heute, das ÖH-Magazin und religion.orf.at berichteten umfassend über die Ausstellung. Besonders das TV-Magazin „Orientierung“ (ORF2) fand mit seinem TV-Essay, gestaltet von Christian Rathner, große Resonanz.
Film
Seit vier Jahren hat das KULTUM diese Preisstiftung des mit 4.000 Euro dotierten Preises für den Besten Kurzdokumentarfilm der Diagonale im Rahmen seines Programmbudgets übernommen. In Kooperation mit dem Filmfestival "Diagonale" finden zur Festivalzeit auch Diskussionen ausgehend von aktuellen Themenstellungen, die in den Festivalfilmen laufen, statt.
Preisverleihung 2020
Der Preis für den Besten Kurzdokumentarfilm ging an „How to disappear“ des Regie-Trios Robin Klengel, Leonhard Müllner, Michael Stumpf. Die Preisverleihung wurde Corona bedingt auf den 4. September 2020 verschoben. Dabei fand ein Sceening und Diskussion mit dem Regie-Trio TOTAL REFUSAL und der Festivalintendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber, Juror Manfred Koch statt. Film-Kuratorin Natalie Resch moderierte das Gespräch.
Anschließend fand die Preisübergabe durch Johannes Rauchenberger, Leiter des KULTUM, statt. In der existenziellen Krise, welche die österreichische Filmbranche durchlebt, seien solche Partnerschaften für die Diagonale wesentlich und Ausdruck der gegenseitigen Wertschätzung. „Dass die Diözese gerade auch im heurigen und für viele Kunst- und Kulturschaffende außerordentlich fordernden Jahr den Preis für den besten Kurzdokumentarfilm der Diagonale stiftet und auslobt zeugt vom tiefen Verständnis, der großen Solidarität sowie einer ehrlichen Verbundenheit, die die Diözese gegenüber den Kunst- und Filmschaffenden als auch gegenüber dem Festival des österreichischen Films empfindet und lebt“, so die beiden Festivalintendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber.
Das ursprünglich im Rahmen der Diagonale anvisierte Fachgespräch über „Moral im österreichischen Gegenwartskino“ musste – als erste Veranstaltung im ersten Lockdown – abgesagt werden.
Literatur
In der Sparte Literatur fand 2020 ein Leitungswechsel statt. Nach der Pensionierung von Dr. Birgit Pölzl und der Kurzzeitübernahme dieses Ressorts durch Mag. Johanna Frank-Stabinger (sie schied mit Ende Jänner 2020 aus dem Team des KULTUM aus) hat Mag. Barbara Rauchenberger im März 2020 die Leitung des Ressorts übernommen und setzte es konzeptionell in den folgenden Monaten neu auf.
Zuvor wurde noch das Lesefest – Neue Texte 2020 durchgeführt (Organisation: Veronika Reiter). Die Vorverschiebung des Termins auf den Jänner war der anschließenden Schließung des Minoritensaals anlässlich der 1,5 Jahre dauernden Renovierung geschuldet. Zum Aschermittwochprojekt 2020 wurde ein Textauftrag an die belarussiche Autorin Volha Hapeyeva vergeben, der in der Aschermittwochsliturgie in Graz-St.Andrä vorgetragen wurde.
Fortan werden in vier Schienen die Literaturveranstaltungen im KULTUM prägen: Die Reihe „Der doppelte Gast“ führt jeweils zwei Dichter oder Dichterinnen zu einer gemeinsamen Lesung zusammen, meist zu einer Vorstellung ihrer jüngsten Gedichtbände. Zwischen den beiden präsentierten dichterischen Stimmen entsteht dabei ein Dialog und eine Beziehung, zumal der erste Gast den zweiten Gast vorschlägt bzw. einlädt. Dieser Dialog kann Ähnlichkeiten oder auch starken Kontrast zeigen. In jedem Fall fungieren die Werke wechselseitig als Erkenntnisfolie. Die ersten Gäste waren am 25. September Thomas Ballhausen und Helwig Brunner, am 22. Oktober, kurz vor dem 2. Lockdown folgten Franz Dodel und Mila Haugová, am 27. November hätten Christoph Wenzel und Karin Fellner lesen sollen, die nun auf das Frühjahr 2021 verschoben werden. Beide Lesungen wurden online aufgezeichnet und stehen auf dem Youtube-Kanal zur Verfügung.
Die Reihe „Literatur. gegen><über“ lädt gemeinsam mit der Kulturvermittlung Steiermark AutorInnen aus Südost- und Osteuropa und AutorInnen aus dem deutschsprachigen Raum ein, deren Arbeiten thematische oder ästhetische Überschneidungen aufweisen. Diese werden in der Befragung von Strategien des Widerstands, in der lakonisch-ironischen Beschreibung von Alltäglichem, im Ausloten bizarrer Beziehungskonstellationen und in der Auseinandersetzung mit Geschichte und Identität liegen. Die erste Lesung mit Sofija Živković und Christoph Wenzel am 13. März musste bereits Corona-bedingt abgesagt bzw. verschoben werden.
Die dritte Reihe lautet: „Nachwort der Dichter“. Sie bezieht seine Inspiration daraus, dass gegenwärtig Schreibende wichtige Impulse aus einer lebendigen Auseinandersetzung mit den Dichterinnen und Dichtern der internationalen Tradition empfangen. Die neue Reihe „Nachwort der Dichter“ fragt: Welche Stimme klingt vertraut durch Zeiten, Räume? Wer schürt die Neugier, will wiederentdeckt werden? Wer spornt das Schreiben an? Wem gebührt Dank? Und wer reizt zum Widerspruch? Dichter sprechen über Dichter, die für ihr eigenes Schaffen bedeutsam sind, denen sie eine poetische Reverenz erweisen oder mit denen sie sich im stillen Dialog befinden.
Das Veranstaltungsformat „LITERATUR HOTEL“ schließlich bietet anderen heimischen, aber auch „nicht heimischen“ Kulturinitiativen die Möglichkeit für einen Abend in den Veranstaltungsräumen des KULTUMs unterzukommen. Das KULTUM macht Platz, die Gäste decken den Tisch.
Neue Musik
Die Sparte Neue Musik konnte bis Anfang März noch Kompositionsaufträge für das Aschermittwochprojekt an Alexander Bauer, Matthias Leboucher, Adam McCartney, Veronika Mayer, Christoph Herndler (Neue Musik) vergeben, die in der Aschermittwochsliturgie in Graz-St.Andrä uraufgeführt wurden.
Am 21. Jänner bereits fand das erste Konzert "Echos und Aphorismen" mit Frederik Neyrinck (Klavier) und Szilßard Benes (Klarinette) noch unter regulären Möglichkeiten im KULTUM statt. Zur Aufführung kamen Werke von Gerd Noack, Violeta Dinescu, György Kurtág und Frederick Neyrinck.
TEXT IM KLANG #4, ein Veranstaltungsformat mit impuls-Kompositionsaufträgen, Leseperformance und Brunch musste wegen Corona am 27. März abgesagt werden; die Veranstaltung wurde am 18. September 2020 nachgeholt. „Text im Klang“ versteht sich als Labor, das mediale Verschränkungen, deren Fokus auf dem Impuls liegt, umzusetzen versucht. Wie in den Jahren zuvor vergab impuls wieder Kompositionsaufträge an junge KomponistInnen, die diesmal ihre Initialimpulse aber von den Werken und vor allem auch dem persönlichen Austausch mit dem Autor Thomas Antonic bezogen. Erstmals erhielt auch er den Auftrag, zu diesem Anlass neue Texte zu schreiben und sie in Form einer Leseperformance, die zum Teil in die Musik verwoben sein wird, selbst zu präsentieren: Diese war aufgrund der Pandemie nur als eingespieltes Video möglich.
Der Versuch, das Neue Musik-Programm im Herbst wieder zu starten, wurde durch den erneuten Lockdown arg in Mitleidenschaft gezogen. Das größte Konzert, Studio Dan, haben wir – in Kooperation mit den Wiener Festwochen – dann als Live-Stream mitermöglicht und mitfinanziert, genau am geplanten Graz-Termin am 21. November.
Drei Uraufführungen wurden geboten: Juan Pablo Trad Hasbun, Veronika Mayer und Samu Gryllus haben neue Werke für das Ensemble komponiert. Auf die Bühne brachten wir darüber hinaus Daniel Mayers „Duo I“ aus seiner Werkreihe „Lokale Orbits“, sowie „Plutonium City“ von Axel Seidelmann.
Die anderen angekündigten Konzerte, wie die Messe des Pauvres (20. November), Schwere: Leichtigkeit.Text.Installation.Musik.Performance (26. November) und CROSSTALKS, die „Elektronik plus“-Konzertreihe der ÖGZM (9. Dezember) fielen den Veranstaltungsbeschränkungen im Zuge des Lockdowns zur Einschränkung der Corona-Pandemie zum Opfer.
Junges Publikum
Auf Grund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie konnten im Jahr 2020 nur vier der acht für dieses Jahr geplanten Projekte umgesetzt werden. Alle Projekte, die stattfinden konnte, waren ausverkauft. Zur Einhaltung der Covid-Maßnahmen, wurde BesucherInnen-Zahl für die Veranstaltungen im Oktober auf 20 Personen pro Veranstaltung beschränkt.
1. Februar 2020: "Ein Zwei Drei Vorbei", Theater Sven Mathiasen & Figurentheater St. Gallen / Schweiz im Rahmen des Festivals SPLEEN.
10. Oktober 2020: "Die verwunschene Prinzessin", Bavastel Puppentheater / Graz
18. Oktober 2020: "Frau Meier die Amsel", Mezzanin Theater / Graz. Auf Grund eines Fahrradunfalls der Schauspielerin, konnte nur ein Termin anstelle von drei Terminen gespielt werden. Die beiden offenen Termine werden voraussichtlich ins Jahr 2021 verschoben.
Aufgrund der Covid-Situation haben wir im Sommer für Kinder ein spezielles Format von Malworkshops ("Paradieswerkstatt", Kunstworkshop im Rahmen der Ausstellung "Innergärten und Trotzdemblüten" von Alois Neuhold) konzipiert, das im Juni/Juli/August/September 2020 stattfand.
Folgende Projekte wurden auf Grund der Corona Pandemie vom Jahr 2020 ins Jahr 2021 verschoben:
1. "Du hast angefangen! Nein, du!", Theater Geist / Berlin
2. "Die kleine Wolke", Fliegendes Theater / Berlin
3. "PIP", Emmy Steiner / Wien
Folgende Projekte wurden abgesagt:
"Über die Felder und dann nach links", Hör- und Schaubühne / Stuttgart