HIERHIN, ATEM!
Wie soll man sonst der beklemmenden Situation der letzten Monate beikommen, wie sonst der ungewissen „neuen Normalität“? Es muss etwas Beschwörung her! Denn ausgerechnet das Atmen, dieser grundsätzlichste aller Lebensvollzüge, ist in der Gegenwart des anderen gefährlich – das war doch die schrecklichste Erfahrung in diesem historischen Jahr, die die gesamte Welt unisono teilte und immer noch teilt. Nun aber: HIERHER, ATEM, HIERHIN!
In dieser Zeitung ist viel neu: Die Programmschwerpunktsetzung der Literatur (in Lyrik), die Online-Formate in der Sparte Diskurs, das Festival der Neuen Klaviermusik, die Buchpräsentation der Zeichnungen von Christine Kastl für unser junges Publikum und wiederum der Filmpreis für den besten Kurzdokumentarfilm der Diagonale '21. Eine Dokumentation des Museumsaufbaus legen wir ebenfalls vor.
Wir haben versucht, die Zeit zu nützen. Willkommen zurück!
Wir sperren, bald, auch das Minoritenzentrum wieder auf! Unglaubliches ist in den letzten anderthalb Jahren hier passiert. Erschütterung, Restaurierung, Erneuerung in jederlei Hinsicht: Nicht nur im Sinne der Denkmalpflege, sondern auch im Sinne einer neuen Zusammenarbeit und einer Perspektive für die Zukunft. An dieser Stelle sei dem Bauherrn dieses riesigen Projekts, P. Petru Farcaş, ein besonderer Dank gesagt! Seine umgängliche Art hat auch dazu beigetragen, wirklich historische Abgründe zu überbrücken. Und gedankt sei auch allen, die hier die Finanzierung aufgestellt haben, allen, die das hier bereits finanzieren und finanzieren werden, zuvorderst dem Land Steiermark und der Stadt Graz, den beteiligten Firmen und engagierten Spendern. Die Diözese Graz-Seckau wird sich hier bald einreihen – wir stehen kurz vor der Umsetzung einer ganz großen Idee eines Zentrums für Bildung, Kunst und Kultur, das hier in den nächsten Jahren vorgesehen ist.
Vorerst aber gilt es, die derzeitige Baustelle zu Ende zu bringen. Im Herbst stehen die Minoritensäle wieder allen offen, viel wird sich bis dahin erneuert haben. Vor allem ist die Schönheit des alten franziskanischen Kreuzgangs schon ersichtlich. Er lädt bereits jetzt viele zum Verweilen ein.
Unsere Eröffnungsausstellung findet also inmitten einer Umbruchs- und Baustellenzeit statt. Sie wird auch diesem Gebäude einen neuen Atem einhauchen. Das ist jedenfalls die Idee, die ich gemeinsam mit Katrin Bucher Trantow (Chefkuratorin im Grazer Kunsthaus) entwickelt habe. Mehr als ein Dutzend Künstlerinnen und Künstler haben wir hier versammelt und mit einigen historischen Positionen verschränkt. Ich freue mich sehr auf den 2. Juni, an dem wir diese Ausstellung eröffnen werden. Sie geht weit hinein in den Herbst, erfreulicherweise auch in den steirischen herbst. Sie ist vor allem eine künstlerische Reflexion auf diese eigentlich unfassbare Zeit, die wir alle erlebt haben. Sie ist zutiefst existenziell, aber auch schneidend kritisch und analytisch, was die derzeitige gesellschaftliche Entwicklung angeht. Wir brauchen auch für diese Erneuerung die Kunst. Unbedingt.
— Herzlichst: Ihr Johannes Rauchenberger