Herbst-Programm
Das Cover dieser Zeitung ist kein Kunstprojekt gegen den Klimawandel, sondern einfach ein Foto vom Baustellengerüst aus: Die Bank von Markus Wilfling im Kreuzgang, umwachsen von Unkraut, versank im Starkregen im Sommer buchstäblich in der Erde – die metaphorische Interpretation war ja schon auch Wille und Vorstellung.
Nur wenige Meter oberhalb ist seit ein paar Wochen BODIES AND WORLDS DRIFTING APART („Körper und Welten fallen auseinander“) auf dem Baustellentransparent zu lesen; die Arkaden sind an drei Seiten erneut verhüllt, weil die Gänge vor den herunterfallenden Putz-Stücken geschützt werden müssen. THE WAY OUT – scannen Sie doch den QR-Code neben der sich aufbäumenden romanischen Löwin (HOMINES SACRI steht dort aufgesprüht), wenn Sie kommen! Denn der Satz der Künstlerin Christiane Peschek ist nicht nur mehr rein metaphorisch zu lesen, wenn man die derzeitige weltpolitische (und, ja, österreichische) Lage mitbedenkt. Und das Seufzen von Daniel A. Zaman hört man nun wieder: Ist es nur ein „Kalibrieren der Seele“? Auch der leise Trost von Heribert Friedl in der Mariahilferkirche ist dann wieder mehrfach täglich zu hören ... Wann auch immer Sie kommen – zu den normalen Öffnungszeiten, zu unserer nächsten Kuratorenführung am 17. September, zum Rundgang des steirischen herbst am 25. September oder zur Langen Nacht der Museen am 2. Oktober: Es erwartet Sie eine vielfältige und auf die Zeit und den Ort abgestimmte Kunst, die nicht nur nachdenklich macht, sondern die buchstäblich atmen lässt.Notieren Sie sich jetzt schon den 12. November: An diesem Tag werden wir mit Lesungen (u.a. Felicitas Hoppe, Margret Kreidl, Christian Lehnert) und einem Symposium den Schwerpunkt „ATEM“ im neu renovierten Minoritensaal beschließen – und erstmals diesen wunderschönen Saal wieder „bespielen“. Das wird dann der Auftakt für eine neue Zeit sein: Was hier nur alles geplant und angedacht ist! (Das vorzustellen braucht freilich mehr Platz, also später ...)
Auch wenn es hier historisch um einen repräsentativen Speisesaal für die damaligen Francesco-Brothers der Barockzeit handelt (wer hat das wohl bezahlt – immer nur die Eggenberger?), vorerst bescheiden wir uns mit wenigen Gästen. Aber mit was für welchen! Barbara Rauchenberger ist mit der von ihr neu konzipierten Reihe DER DOPPELTE GAST ein besonderer Wurf gelungen: Der eine Gast lädt den anderem ein. Daraus werden „Paare“, die nach und nach Spitzen deutschsprachiger Lyrik abbilden: Nach den Paaren vom Vor- und Frühjahr beginnen wir mit Margret Kreidl und Tom Schulz (am 24. September), setzen mit Ulrich Koch und Thomas Kunst am 8. Oktober fort und gehen am 22. Oktober weiter mit Ursula Krechel und Daniela Danz.
Herberge (im Fünf-Sterne-Niveau) bieten wir auch in der neuen Reihe LITERATUR HOTEL am 1. Oktober: Andreas Unterweger und Christian Thanhäuser stellen Laure Gauthier und Emily Artmann als Literatur-Hotel-Gäste vor.
Den Preis für den besten Kurzdokumentarfilm der Diagonale, den das KULTUM nun schon seit Jahren stiftet, werde ich am 23. September an die Regisseurin Sophie Gmeiner übergeben. Natalie Resch wird mit der Preisträgerin und mit Festivalintendant Peter Schernhuber nach dem Filmscreening ein Gespräch führen.
Kurator Florian Traussnig hat sich von den Bildern des gestürmten Kapitols im Jänner zu einem Mini-Symposium inspirieren lassen, in dem er am 27. September drei fachkundige Personen über die uralte Denkfigur der „Gnosis“ diskutieren lässt: Theresia Heimerl, Alexandra Rassidakis und Werner Helmich.
„Wieviel Anarchie brauchen wir?“ fragt das zweite Diskursformat am 6. Oktober mit Wolfgang Bortlik, Hans Platzgumer und der Grazer Aktivistin Sonja R.
Das Mezzanin Theater zeigt am 29. und 30. September „Frau Meier die Amsel“, das Bavastel Puppentheater am 10. und 11. Oktober „Kasperl und die Mondlaterne“. Feinstes Kindertheater für unsere Jüngsten. Kuratorin Kathrin Kapeundl legt im PIXI für Kinder ein interessantes Programm vor.
Den 200. Geburtstag von Charles Baudelaire nimmt die IGNM Steiermark zum Anlass, mit einer „Poetik des Klangs“ am 28. Oktober die „Fleurs du mal“ in der neuen Musik zu reflektieren. Im Namen des gesamten KULTUM-Teams heiße ich Sie herzlich willkommen! Bald wird unser Ort wieder richtig und ganz neu besuchbar sein – ich freue mich!
— Herzlichst: Ihr Johannes Rauchenberger