neu, ATEM, neu: Fest zum Abschluss der Renovierung des Minoritensaals
Es war im besten Sinne eine In-Spiration, eine Einhauchung, eine Beatmung mit Kunst für diesen neu renovierten Minoritensaal. Die offizielle Eröffnung findet am 22. Jänner 2022 statt, die künstlerische Einweihung ging am vergangenen Freitag, den 12. November über die Bühne. Mehr als eineinhalb Jahre wurde der Minoritensaal und das ganze Areal renoviert. Fünf Monate lang lief mitten in der Baustelle die Ausstellung EINATMEN – AUSATMEN, die wir heute abgebaut haben.
Mit „neu, ATEM, neu“ hat das Kulturzentrum bei den Minoriten diesen besonderen Ort, in dem seit 1965 kulturelle Veranstaltungen stattfinden, künstlerisch „wiedereingeweiht“. Im lateinischen Sinne von „dedicatio“: Was ja so viel heißt wie Widmung, Zueignung. Das war der Atem, der durch die Corona-Pandemie so im Zentrum steht – aber vor allem ist dieser angstbesetzt, wo er doch die Bedingung des Lebens ist. ATEM – das ist aber auch eine Übersetzung für „Spiritus“, den Heiligen Geist: Diese Politarität schwang in diesem Projekt „ATEM“ mit, das wir ja mit Pfingsten begonnen hatten.
Explizit und implizit kam dies auch in der ersten Lesung der Büchner-Preis-Trägerin Felicitas HOPPE vor, die diesen unglaublich schönen Abend eröffnet hat: "Lieb Nachtigall, wach auf". Ein biografischer Text über erste religiöse Imagination des Asthma-Kindes, eine Erinnerung an den Flötenspielenden Vater mit dem genannten Lied, von dem es am Ende hieß: SING, SING, SING, SING!
Ihr folgte ein auch für diesen Abend geschriebenen Text Arnold STADLER, eine fulminante Prosa, die sich an eine Reise an den Kilimandscharo anknüpft, wo der Schriftsteller ob seines Asthmas nicht rauf durfte, diesen Berg des Paradieses (für so viele Touristen) aber imaginierte. Barbara Rauchenberger hat diesen wunderschönen Text für den Autor, der coronabedingt im letzten Atemzug abgesagt hatte, gelesen.Darüber hinaus waren noch Gedichte des Leipziger Lyrikers und Theologen Christian LEHNERT, gelesen von Daniel Douenis, und der Wiener Schriftstellerin Margret KREIDL zu hören, deren Gedichtzyklus „EINLEUCHTEND WEISS“ (in Auszügen) von den Komponist*innen Sanziana Dobrovicescu, Clemens Nachtmann und Antonis Rouvelas vertont wurde. Die Mezzosopranistin Klaudia TANDL und das ENSEMBLE AIRBORNE EXTENDED haben die Werke wunderbar interpretiert. Die Wochenzeitung "DIE FURCHE" hat in ihrem aktuellen Feuilleton den ganzen Text Margret Kreidls abgedruckt.
Zuvor fand die letzte Führung durch die Ausstellung EINATMEN – AUSATMEN mit Kurator Johannes Rauchenberger und Gastkuratorin Katrin Bucher Trantow statt: Mehr als fünfzig Personen nutzten ein letztes Mal diese Möglichkeit, die Ausstellung, die von so vielen gesehen wurde, zu besuchen.
Bereits am Nachmittag wurde in einem von Florian Traussnig gestalteten DISKURSPANEL im neu gestalteten kleinen Minoritensaal nach Atem und Atemlosigkeit in Kunst, Philosophie und Gesellschaft gefragt. Welche Rolle spielt Atmung in der Kunst? Die Berliner Kunsthistorikerin Linn BURCHERT blickte auf die (zeit-)historischen und zeitgenössischen Dimensionen der Inspiration. Atemnot als gesellschaftliche und diskursive Metapher thematisiert die Kasseler Literaturwissenschaftlerin Nikola Roßbach und setzte sich dabei differenziert mit den alten und neuen Unfreiheiten der Rede auseinander. Eine neue politische – und friedlichere – Philosophie, die uns Menschen als Atmende und Entzünder sieht, skizzierte der slowenische Philosoph Lenart Škof, der alle Anwesenden in Bann zog.