Vor dieser Uhr von Manfred Erjautz, die derzeit in der Ausstellung DINGE zu sehen ist, möchte ich Ihnen frohe Ostern wünschen, heute am Karfreitag. Einmal in 12 Stunden dreht sich dieser Corpus von seiner aufrecht stehenden Haltung kopfüber um12 und wieder zurück um 6. Um drei stehen Körper und seine linke Hand im rechten Winkel. Auch um 9, nur anders rum. Diese linke Hand ist der Minutenzeiger, er dreht sich einmal pro Stunde. Seine rechte ist der Sekundenzeiger, sie dreht sich einmal in der Minute. Wenn Sie am 12 er ist, hält sie kurz inne, dabei richtet sie sich mittels Funksignal aus an der Atomuhr an derzeit gelten Zeit, der MESZ.
Ich halte diese Skulptur für ein epochales Werk, wenn es darum geht, danach zu fragen, ob und wie die Figur Jesu in der heutigen Kunst vorkommt. Sie wird Teil des KULTUM Museums werden, das sich dafür interessiert, wie Gegenwart, Kunst und Religion in ein gegenseitig sich befragendes, stimulierendes, auch kritisches Verhältnis kommen.
Die Skulptur hat anderswo, etwa in Innsbruck vor zwei Jahren, viel Befremden ausgelöst, hier ist es nicht so. Vielleicht eher ein verhaltenes Schweigen?
Ja, nennen wir es beim Namen: Dem Kruzifix wird hier viel angetan. Es verändert sich dauernd. Minütlich, stündlich, täglich. Es ist kein stillgehaltenes Objekt einer Kreuzverehrung, die heute in der katholischen Liturgie sogar mit dem Kniefall, mitunter mit dem Kuss sogar, bedacht wird. Dieses Kruzifix aus dem 19. Jahrhundert, liebevoll vom Künstler restauriert, bewegt sich, wie sich auch das Kreuz und die unendlich vielen Kreuze bewegen, gefühlt in diesen Tagen und Wochen wie schon so lange nicht mehr.
Die Symbolik des Karfreitags und die Symbolik von Ostern ist aber dennoch mehr als die ganz konkrete Not von heute. Sie kehrt wieder, jährlich wird sie neu erinnert, als ob die ewige Wiederkehr des Gleichen das Gesetz der Menschheit ist.
Was treibt diesen hier in einem Kreis gebannten Jesus, dem wir ja auch unsere Zeitrechnung verdanken und dessen Religion eigentlich eine lineare Zeitmessung in unsere Vorstellung von Geschichte eingesetzt hat, an? Die ewige Wiederkehr von Krieg, Hass und Gewalt, von Sinn- und Ausweglosigkeit, von einer Verlassenheit, die metaphysisch ist? Treibt ihn das beharrliche Anzeigen an, dass unsere Zeitlinie zu Ende ist?
Oder ist es das Versprechen, dass in ihm – wie in der Osterkerze – Anfang und Ende eingeschrieben sind? Um 12 und um Mitternacht steht dieses Kreuz Kopf. Das ist die zweite Seite im Anschauen des Kreuzes Christi, wie es diese Skulptur ermöglicht. Kein einfaches Happy End eines Siegers oder Feldherrn, wie manches der Osterlieder suggeriert. Ostern ist schlicht der auf den Kopf gestellte Tod. Doch der Tod ist und bleibt der Tod. Das ist das Drama, das in diesen Tagen im Christentum verdichtet wird – in diesem Sinne aufrecht und kopfüber: Frohe Ostern!