100 POEMS ... Unser Winter-Programm
Willkommen zu unserem Winter-Programm im KULTUM: Drei Ausstellungen besetzen im besten Sinne unser Haus, Peter Angerers hochkomplexer Zeitkosmos noch bis 16. Dezember, am selben Tag wird im zweiten Stock die ukrainische Künstlerin Margo Sarkisova ihre „Reflections of Identity“ präsentieren: Sie war bei uns Stipendiatin des Bundesministeriums in diesem Jahr. Ihre Flucht ist ebenso ein Thema wie ihre Doppelidentität als assyrische Christin und Ukrainerin. Zwei Mal musste die kaum 25-Jährige vor den Russen fliehen, einmal, 2014, von Donezk nach Charkiv, 2022 von Charkiv nach Graz. Der Blick auf die Ukraine wird bereits am 28. November mit „Klang und Klage“ eingeführt, einem Benefizkonzert, das die neue Professorin für Slawistik, Tatjana Petzer, organisiert hat – dabei bringen Hilde Kappes und Anna Petzer aus Berlin eine Stimmperformance auf die Bühne; die aus Kyjiw stammende Schriftstellerin Sofia Andruchowytsch liest, anschließend gibt es eine audiovisuelle Performance mit Svitlana Zhytnya und Nick Acorne (Charkiw/Graz).
Die Überschneidungen von Literatur und Neuer Musik werden in den Gesängen der Sirenen auch am 1. Dezember mit „Breaking Eden.“ fortgeführt – mit Clemens Gadenstätter (Komposition) und Lisa Spalt (Lesung und Text). Schon am 27. November bringt das Ensemble WirkWerk mit „Hirn oder Hirnlos“ Werke von Carola Bauckholt, Johannes Brömmel, Clara Ianotta, Daniel Mayer, Sara Nemstov, Caroline Profanter und Andreas Trenkwalder zur Aufführung – der Schwerpunkt liegt auf elektronischer Musik. Das aus Graz stammende LaKT Ensemble konzentriert sich am 11. Dezember mit „Coalescence“ (engl. Verschmelzung) auf die Erforschung der Beziehungen zwischen Klang und Bewegung sowie auf neue szenisch-musikalische Ansätze. Neben den beauftragten Komponist*innen sind diesmal auch die beiden Tänzerinnen und Choreographinnen Jadi Carboni und Christina Lederhaas sowie die Musiker*innen Elena Arbonies und Tin Dzaferovic Teil des Ensembles. Gesang, Flöte, Akkordeon und Perkussion – mit dieser ungewöhnlichen Quartettbesetzung begeistert das Ensemble Between Feathers am 19. Dezember sein Publikum.
Die Halbzeit haben wir auch schon mit „GENDER & QUEER in Kunst und Religion“ überschritten, drei Vorträge stehen mit Ulrike Grossarth (12. Dezember), Katharina Pyschny (9. Jänner), Maryanne Saunders und Melissa Raphael (23. Jänner) noch auf dem Programm. Durchgehend haben wir die Veranstaltungen gestreamt; sie sind alle nachhörbar, was viele in Anspruch nehmen – sehr erfreulich.
Das gilt auch für großartige Lyrik-Lesungen in diesem Herbst – zuletzt am 17. November mit Thomas Ballhausen und Ferdinand Schmatz – mit entsprechenden Einleitungen von Literatur-Kuratorin Barbara Rauchenberger und den interessanten Gesprächen mit Helwig Brunner oder auch für gelungenen Diskurs, etwa mit Reinhold Esterbauer und Victoria Schwendenwein über die (Nicht-)Maschine Mensch. Schauen Sie nach, es ist ein großer Erkenntnisgewinn! Das Duo Kathrin Karloff & Florian Traussnig bespricht am 28. November zwei „seismographische“ Romane von Juli Zeh / Simon Urban und Arno Geiger.
Auch die Künstlergespräche mit Peter Angerer (zwei gibt es noch bis Ausstellungsende: am 9. Dezember 2023 über die „Die Erfindung der Realität“ und am 13. Dezember „Über Kunst und künstlerische Bildung“) sind geistige Abenteuer zum Verständnis unserer Gegenwart; unser Youtube-Kanal wird so zu einem audiovisuellen Podcast und Wissensspeicher für außerordentliche Momente, die auch in Zukunft abrufbar sind. Das schulden wir eigentlich der Öffentlichkeit, finde ich. Das Geld für große Werbekampagnen haben wir nicht, wer aber die Kanäle kennt, der ist bei uns in bester Gesellschaft! So kann man etwa auch dem Künstler Heribert Friedl folgen, als er mit mir in der eben fertig gehängten Ausstellung seiner „100 POEMS“ über diese Werke spricht. Auch diese (eigentlich kleine) Ausstellung ist ein wirkliches Ereignis, gerade für den Fokus unseres Museums, das nach Religion in der Kunst der Gegenwart fragt. Es sind stille Bilder, die im Franziskussaal bis zum 6. Jänner zu sehen sind, Schrift-Ikonen von Sehnsucht und Trost, sie haben den Charakter eines existenziellen Gebets. Deshalb bereiten wir gerade eine „Katalogform“ vor, die diese Assoziation aufnimmt – eine Art Tageskalender mit „Lebenssprüchen“, oder in der Art eines „Gebetbuchs“: Sie wird am 6. Jänner präsentiert. (Am 30. Dezember ist Friedl zu einem Künstlergespräch zu Gast.) Dass das KULTUM international ausstrahlt, hat der Festvortrag am 12. November in der Dominikanerkirche in Münster gezeigt, in der seit 2017 Gerhard Richters „Zwei Doppelspiegel für ein Pendel“ installiert sind: Die Kirche wurde deshalb profaniert. „IST Kunst Religion?“ Das war die Frage, die ich auf Einladung der größten Katholisch-Theologischen Fakultät der Welt erörtert habe. Wenn Sie Interesse haben, hören Sie auch diesen Festvortrag nach!
Apropos Advent: Ein Ausstellungsbesuch lohnt sich. Und für die Kinder ist – nach der großen Produktion von HÄNSEL und GRETEL am 26./27. November im Minoritensaal – natürlich gerade ELSAS HEILIGSTE NACHT am 17. Dezember ein ganz besonderer Tipp. Nur mehr ein Karten gibt es am 3. Adventsonntag.
Eine gesegnete Advents- und Weihnachtszeit und viele gute Wünsche für 2024!
Ihr Johannes Rauchenberger