Bevor der steirische herbst '23 im Minoritenkloster seine "Church of Ruined Modernity" installieren, ausgraben und projezieren wird – 23. September, bitte vormerken! – wird eine Woche vorher die Personale von Peter Angeer: GEHEN & BLEIBEN – ebenso in Kooperation mit dem steirischen herbst 23 – bei uns eröffnet.
Unser Programm für Februar/März 2023: Die Ausstellung "CINEMA ALTERA", eine Retrospektive des Medienkünstlers Thomas Henke steht im Zentrum. Es ist die Ausstellung für die Fastenzeit 2023: Wenn man diese – oder zuvor den Aschermittwoch – als ein Kulturgut der Reflexion auf die eigene Existenz, des Bewusstmachens von Endlichkeit und der Neuausrichtung von sich und vielleicht auch der Gesellschaft insgesamt begeht, dann sind die künstlerischen Portraitarbeiten von Thomas Henke wie gemacht auf diese Zeit. Deshalb haben wir den Künstler eingeladen – als Epilog zur wissenschaftlichen Fachtagung „Iconic Turn in den christlichen Konfessionen“ – am Aschermittwoch (22. Februar) nach Graz zu kommen und in seiner großen Retrospektive mit Kurator Johannes Rauchenberger über seine künstlerischen Verfahrensweisen zu sprechen.
Angesichts der kaum zu bewältigenden Fülle, die die Retrospektive von Thomas Henke mit ihren 25 Filmen aufwirft, haben wir den Philosophen Thomas Macho und die Schriftstellerin Felicitas Hoppe eingeladen, die Hauptmotive der filmkünstlerischen Portraitarbeit des Künstlers – Zuflucht und Befreiung – zu reflektieren. Beide kommen in seinen Werken mehrmals vor. Gerahmt und akzentuiert wird dieser außerordentliche Abend am 16. März im Minoritensaal vom Pianisten Claudius Tanski, der die großen Fragen in ganz andere Welten, die nur die Musik bereit hält, hinein öffnet.
Highlights im Rückspiegel des mehrspartig ausgerichteten KULTUM-Programms 2022: Eine Themenausstellung, die bis 14. Jänner 2023 geht, drei Personalen: "MUTTER GOTTES" (Judith Zillich), "Stigmata" (Till Velten), "Dinge" (Manfred Erjautz), DE PROPAGANDA FIDE: Das KULTUM als ein Museum, in dem Religion in der Gegenwart verhandelt wird, hat 2022 sein sehr spezielles Profil noch einmal geschärft, zwei Kunstbücher, ein Ausstellungsmagazin sind zudem entstanden. Augenzwinkernd, kritisch und analytisch hat es dabei Phänomene des Religiösen und der christlichen Imagination mitunter in seinen Grundfesten hinterfagt, Perspektiven aufgezeigt und poetisch weitergeschrieben: Einige der Werke werden im KULTUMUSEUM bleiben, was uns besonders freut. (Aus der Albertina Wien kehrt in den nächsten Wochen übrigens auch eine große Leihgabe des KULTUM zu Muntean/Rosenblum zurück, für 2023 ist – 20 Jahre nach "HIMMELSCHWER. Transformationen der Schwerkraft bei "Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas" – eine weitere Kooperation mit einem großen europäischen Museum in Planung – bald davon mehr.). Eine Tagung der österreichischen systematischen Theologie war im KULTUM zu Gast; es wurde nach dem Erkenntniswert der Kunst für die Theologie gefragt.
Hinter der "Unterbringung von Unendlichkeit" (Blumenberg-Tage 2022) verbargen sich in der LITERATUR-Reihe "es federt" vier Uraufführungen und zwei Lesungen eigens dafür geschriebener Texte, sowie ein spannender Diskursbrunch. Musikalischer Uraufführungen gab es auch für den Aschermittwochsgottesdienst in St. Andrä. Erneut wurde vom KULTUM der Preis der Diagonale 22 für den besten Kurdokumentarfilm gestiftet, die den Eröffnungsfilm aufnehmende Diagonale-Diskussion „Jugend ohne Gott. Identitätssuche on- und offline" hatte besondere Resonanz.
Die erste Ausgabe von „Nachwort der Dichter“ war Friederike Mayröcker gewidmet, zwei Mal lasen bei „Der doppelte Gast“ je zwei ganz herausragend Lyriker*innern der Gegenwart im KULTUM. Auch das "LITERATUR-Hotel" wurde mit drei ganz außerordentlichen Veranstaltungen belegt.
Gerhard Larcher, Professor für Fundamentaltheologie der Katholisch-Theologischen Faktultät Graz von 1991 bis 2014, ist am 18. Dezember 2022 nach langer, schwerer Krankheit gestorben.
Ein Nachruf von Johannes Rauchenberger
Die Wucht, die uns mit der „Kunst der Verführung“ und der Glaubenspropaganda ereilt hat, war so nicht vorgesehen. Das ist erfreulich und irritierend zugleich. Erfreulich, weil bis jetzt schon so viele durch die Ausstellung geführt werden konnten. Weil man dabei zur Kenntnis nehmen konnte, wie mutig vor 50 Jahren in unserem Lande die Kirche war, so, (wie es die Neubacher-Plakate zeigen), an die Öffentlichkeit zu gehen. Wie frei man hierorts die Bedingungen offenlegen kann, wie Glaubenspropaganda überhaupt entsteht und dass man sie so erzählen kann.
Das Bild der Päpste ist in einer Stadt wie Rom so vielschichtig und dominant, dass es gerade auch einen Spot auf die Gegenwart braucht, um die Bedeutung der Kunst für die Kirche herauszuarbeiten – nicht zuletzt durch die Aussagen der jüngsten Päpste, die werbend und widersprüchlich zugleich zu lesen sind.
Die Atmosphäre in Rom ist mit seinen Kirchen, Kuppeln und Menschen so untrennbar verbunden, dass ein Romstipendium auch für Künstler*innen betörend ist – bis heute.
Und dennoch: Um das inspirierende Feld von Gegenwartskunst und Kirche zu studieren, fährt man heute NICHT nach Rom ...
Wohin aber dann? Und welchen Beitrag liefern die Päpste dennoch für die Kunst? Eine spannende Frage. Yvonne Dohna-Schlobitten, Professorin für Kunstgeschichte an der Päpstlichen Universität der Gregoriana in Rom, hat dazu ein Buch geschrieben, das am 19. Oktober in Rom vorgestellt wird. Sie hat dazu Johannes Rauchenberger um eine Intervention gebeten: Die künstlerischen Auseinandersetzungen mit dem Bild des Papstes finden sich in den letzten Jahrzehnten vor allem in der Medienreflexion. Positionen von Nives Widauer, G.R.A.M., Maurizio Cattelan, Marta Deskur, Romuald Hazuomè, Michael Triegel werden im Online-Vortrag vorgestellt.