Herzlich willkommen zum Herbstprogramm im KULTUM. Die Minoriten-Baustelle hat uns über den Sommer noch einmal sehr viel abverlangt! Seit dem 4. September halten wir wieder die Türen zuEINATMEN – AUSATMENoffen – noch immer „eingerüstet“ und den hörbaren Tönen der Professionisten ausgesetzt. BREATHING OUT – das dauert hier noch ein paar Wochen: Die nun im steirischen herbst adaptierte Ausstellung ist dieser Zeit und diesem neu entstehenden Ort buchstäblich abgetrotzt...
60 Jahre Theologie: Das ist das Leitmotiv eines zeithistorischen Gesprächs mit Peter Trummer, über Jahrzehnte Neutestamentler an der Theologischen Fakultät Graz und Autor zahlreicher – vor allem auch verständlicher – Bücher, die sich um die Heilungs-, Wunder-, Mahl- und Ostergeschichten Jesu im Neuen Testaments drehen. KULTUM-Leiter Johannes Rauchenberger blickt in dem Gespräch mit Peter Trummer auf die großen Aufbrüche der späten 1950er und der frühen 1960er Jahre, die Trummer als junger Mensch erlebt hat und die ihn schließlich zur jahrzehntelangen Beschäftigung mit der Bibel brachten. Er hat auch weite Teile des Neuen Testaments neu übersetzt. Durch einige biografische Brüche hindurch ist Trummer, der am 23. Juni 2021 80 Jahre alt geworden ist, an der Figur Jesu immer und immer wieder hängen geblieben. Eben ist sein jügstes Buch: "Den Herzschlag Jesu erspüren. Seinen Glauben leben" herausgekommen. Es wird ein Gespräch mit einem streitbaren, mitunter umstrittenen, sturen und zugleich sanften Theologen, der mit seinen Büchern einen großen LeserInnenkreis erreicht hat.
In den 60 Jahren Theologie ist beinahe kein Stein auf dem anderen geblieben. Allein der Sog der Figur Jesu ist ihm geblieben. Das ist berührend. Und all das verdient Öffentlichkeit. Gewidmet ist sein letztes Buch, wiewohl er Jesus mit einem so eindrucksvollen „Herzschlag“ beschreibt, „dem unbekannten Gott“. Auch so kann man 60 Jahre Theologie resümieren.
Mit Kerstin Preiwuß kommt eine lyrische Stimme nach Graz, die, ausgezeichnet mit dem Lyrikpreis Meran, nach den wunden Punkten im Leben sucht. Mit ihrem dritten Gedichtband "Taupunkt" führt sie also fort und beschließt, was sie mit dem Band "Rede" begann und in "Gespür für Licht" weiterverfolgte: Für die Dauer einer Nacht setzt ein Sprachstrom ein, vergleichbar mit einem tiefen Einatmen, das unerschrocken durch alle Schichten des Ichs dringt. Dort nämlich setzt ihr Dichten an und sucht Zusammenhänge zwischen Sprache und Atem, zwischen Sprache und Körper.
Begleitet wird Kerstin Preiwuß von Nadja Küchenmeister, die ebenfalls aus ihrem dritten Gedichtband "Im Glasberg" lesen wird, einem Band, der völlig vertraut auf den poetischen Ausdruck, die literarische Tradition des Märchens und den Alltag als Quell poetischer Verwandlungen. Küchenmeisters Gedichte haben etwas zutiefst Kindliches, in dem sie Ich und Du, Innen- und Außenwelt miteinander verschmelzen.
Es folgen am 25. Juni Christoph Wenzel und Karin Fellner. Beide Abende versprechen viel! (Im Herbst werden in dieser Reihe dann Margret Kreidl und Tom Schulz, Ulrich Koch und Thomas Kunst, sowie Ursula Krechel und Daniela Danz zu Gast sein.)
Rainer Fuchs, stv. Direktor des MUMOK in Wien und Johannes Rauchenberger stellen das Buch: "Richard Frankenberger: Natur – Gesellschaft – Widerstand" vor.
Richard Frankenbergers Kunst ist eng mit seinem kultur- und gesellschaftspolitischen Engagement verknüpft. Unermüdlich und mit kritischer Sensitivität beobachtet der Künstler sein unmittelbares ländliches Umfeld, um mit Kunst, die sich an internationalen Maßstäben und am aktuellen Diskurs orientiert, gegen provinzielles Denken und Handeln vorzugehen. Natur und Landschaft werden dabei als gesellschaftliche Umräume wahrgenommen, die fern ab idyllischer Verklärung einer aufklärerischen Beobachtung und künstlerischen Nutzung unterliegen. Seit den 1970er Jahren lotet Frankenberger mit seinem Werk sowie als Initiator künstlerischer und wissenschaftlicher Veranstaltungen konsequent das Spannungsfeld zwischen ökologischer Nachhaltigkeit und ökonomischen Fehlleistungen aus. In einer durch die Klimakatastrophe, die Umweltzerstörung und die damit verbundene Polarisierung zwischen Arm & Reich – im Schatten Coronas – charakterisierten Zeit, erweist sich sein Werk als hellsichtig und aktuell zu gleich. Rainer Fuchs, Vize-Direktor des MUMOK in Wien, und KULTUM-Leiter Johannes Rauchenberger haben dieses mehr als 300-seitige Buch über das Lebenswerk Richard Frankenbergers im Frühjahr herausgegeben, das nun – coronabedingt – am 15. Juni 2021 im KULTUM präsentiert wird.
So nebenbei ist dies auch ein ungefragter Beitrag zur gegenwärtig laufenden Steiermark-Schau: „Wer wir sind, wer wir waren, was wir sein werden“ – Richard Frankenberger hat das in seiner Art – und immer die Gesellschaft involviernd – bedacht, reflektiert und ausgeführt. Er ist auch diesbezüglich ein Unikat.
Was heißt „ATEM“ nach mehr als einem Jahr Corona? Atmen, eigentlich das erste und letzte Zeichen des Lebens, scheint in Gegenwart der anderen gefährlich – so sehr, dass es die bedrohliche Krankheit auslösen kann, die die gesamte Welt seit mehr als einem Jahr in Atem hält. Besonders perfide trifft mit dem Atmen das Virus unsichtbar ins Zentrum unserer Existenz. Als täglicher Schutz gilt das Tragen eines Textils, das Distanz schafft, Kommunikation behindert und das Atmen gleichzeitig fühlbar schwerer macht. Wie kehren wir zum Atem als die Grundbewegung von Leben zurück? Wie nehmen wir die Angst vor der neuen Normalität? Atem ist Leben! Atem ist Geist – mit einer ganz außerordentlichen Pfingstvigil hat das KULTUM auch seinen Jahresschwerpunkt eröffnet.
... so starteten wir unseren großen "ATEM"-Schwerpunkt zu Pfingsten. In der Pfingstvigil waren drei Uraufführungen in Neuer Musik nach Texten von Margret Kreidl zu hören. Nun folgt die Ausstellung "EINATMEN – AUSATMEN" am 2. Juni.
HIERHIN, ATEM! ist ein Zuruf! Ein Ausruf! Ja, es sogar ein Gebet. Und ein – zugegeben – etwas pathetischer Einstieg für den Beginn einer Programmvorstellung nach mehr als einem Jahr Corona. Angesichts der Atemnot, angesichts der Angst vor Atemnot ist HIERHIN, ATEM!, finde ich, das passende Motto für jetzt.
„HIERHIN, ATEM!“ war die Aufforderung für die Pfingstvigil 2021 in der Grazer Herz-Jesu-Kirche. Es ist ein Ausruf. Ein Zuruf – nach einem dramatischen Jahr der Angst, den Atem womöglich zu verlieren.
Die Pfingstvigil brachte Texte von Margret Kreidl, vertont von den Komponist*innen Sanziana Dobrovicescu, Clemens Nachtmann und Antonis Rouvelas zur Uraufführung, Psalmenübertragungen von Arnold Stadler zum Fest des Atems und des Geistes ließen die ungewöhnliche Sprache des Alten Testaments in einer Weise gegenwärtig werden, die zum Atem-Anhalten führte. Bertl Mütters Improvisationen mit der Posaune leitet „HIERHIN, ATEM!“ ein und kehrt als durchgehendes Motiv zu den Texten wieder.
Ulrich Walters Orgelimprovisationen durchzogen das Programm ebenso wie am Ende die Begleitung des Pfingsthymnus „Der Geist des Herrn erfüllt das All“: Nach langer Zeit konnte (endlich) wieder gesungen werden!
„HIERHIN, ATEM!“ ist eine poetische Übertragung der ersten beiden Worte der lateinischen Pfingstsequenz des niederländischen Dichter-Theologen Huub Oosterhuis (in der deutschen Übertragung von Alex Stock). Mit Pfingsten, dem Fest des Atems und des Feuers, beginnt im KULTUM in Graz unmittelbar nach den ersten Öffnungstagen für die Kultur der Schwerpunkt „ATEM“. Er setzt sich fort in der von Katrin Bucher Trantow und Johannes Rauchenberger kuratierten großen Ausstellung zur Wiedereröffnung des Minoritenzentrums ("EINATMEN – AUSATMEN"), die am Abend vor Fronleichnam (2. Juni) noch in einer Bausstelle beginnt und bis weit hinein in den Herbst 2021 reicht. Lesungen zu ATEM – von Felicitas Hoppe, Margret Kreidl, Christian Lehnert und Arnold Stadler – werden im neu renovierten Minoritensaal am 12. November schließlich den Abschluss dieses großen „Atem“-Schwerpunkts bilden.