„HIERHIN, ATEM!“ war die Aufforderung für die Pfingstvigil 2021 in der Grazer Herz-Jesu-Kirche. Es ist ein Ausruf. Ein Zuruf – nach einem dramatischen Jahr der Angst, den Atem womöglich zu verlieren.
Die Pfingstvigil brachte Texte von Margret Kreidl, vertont von den Komponist*innen Sanziana Dobrovicescu, Clemens Nachtmann und Antonis Rouvelas zur Uraufführung, Psalmenübertragungen von Arnold Stadler zum Fest des Atems und des Geistes ließen die ungewöhnliche Sprache des Alten Testaments in einer Weise gegenwärtig werden, die zum Atem-Anhalten führte. Bertl Mütters Improvisationen mit der Posaune leitet „HIERHIN, ATEM!“ ein und kehrt als durchgehendes Motiv zu den Texten wieder.
Ulrich Walters Orgelimprovisationen durchzogen das Programm ebenso wie am Ende die Begleitung des Pfingsthymnus „Der Geist des Herrn erfüllt das All“: Nach langer Zeit konnte (endlich) wieder gesungen werden!
„HIERHIN, ATEM!“ ist eine poetische Übertragung der ersten beiden Worte der lateinischen Pfingstsequenz des niederländischen Dichter-Theologen Huub Oosterhuis (in der deutschen Übertragung von Alex Stock). Mit Pfingsten, dem Fest des Atems und des Feuers, beginnt im KULTUM in Graz unmittelbar nach den ersten Öffnungstagen für die Kultur der Schwerpunkt „ATEM“. Er setzt sich fort in der von Katrin Bucher Trantow und Johannes Rauchenberger kuratierten großen Ausstellung zur Wiedereröffnung des Minoritenzentrums ("EINATMEN – AUSATMEN"), die am Abend vor Fronleichnam (2. Juni) noch in einer Bausstelle beginnt und bis weit hinein in den Herbst 2021 reicht. Lesungen zu ATEM – von Felicitas Hoppe, Margret Kreidl, Christian Lehnert und Arnold Stadler – werden im neu renovierten Minoritensaal am 12. November schließlich den Abschluss dieses großen „Atem“-Schwerpunkts bilden.
Nach mehr als einem Jahr Krise will Alexander Tschernek auf der Suche nach dem wahren Leben ein Umdenken anzetteln. Er hat aus dem gleichnamigen Text von Reinhard P. Gruber ein episodenhaft-filmisches Manifest in fünf kurzen Filmclips erarbeitet, dessen Radikalität in Zeiten des öffentlichen Diskurses über bedingungsloses Grundeinkommen und Gemeinwohl provoziert, polarisiert und animiert. „Das Kreuz mit der Arbeit ist nicht kleiner geworden.“, sagt der Gründer des Vereins zur Vermittlung von Erkenntnisfreuden PHILOSOPHIE PUR. Die Installation „Nie wieder Arbeit“ ist vor der weltweiten Online-Premiere am 10. Juni 2021 auf philosophiepur.net Corona-tauglich exklusiv für aktuelle kunst in graz von 14. bis 16. Mai im KULTUM zu erleben.
Jeder, der arbeitet,
will, daß die Welt
so bleibt, wie sie ist.
Jeder, der nicht arbeitet,
will eine schönere Welt.
– Reinhard P. Gruber
Das KULTUM zeigt die religiösen Arbeiten von Guillaume Bruère von 5. März bis 8. Mai zum ersten Mal als Einzelausstellung.
Mit einem fremden und zugleich ungeheuer anteilnehmenden Blick des Künstlers ist die diesjährige Frühlingsausstellung‚Tot und lebendig: Alte Meister‘ in der Fasten- und Osterzeit zu charakterisieren. Der durch seine ‚Museumsbilder‘ international bekannte Künstler hat sich in der Corona-Krise 2020 erneut religiösen Themenzugewandt, die Kurator Johannes Rauchenberger nun im KULTUM erstmals zeigt.
Es entstanden radikale religiöse Bilder, die aus den zentralen Figurationen des Christentums hervorgegangen sind: Kreuzigungen, Adams und Evas, Marien, Apostel. War Bruère bislang durch seinen exzessiv-expressiven Malgestus bekannt, reiht er sich nun in die Schatten seiner malerischen Vorbilder dezidiert ein. Sie sind niemand geringerer als Giorgione, Piero della Francesca, Dürer, El Greco, Caravaggio oder Rembrandt. "Ich lerne malen", sagt der französische, in Berlin lebende Künstler lakonisch über seine neue Phase. In Guillaume Bruères Werkverzeichnis lauten diese Werke „Religious Themes“. Sie entbehren der sonst üblichen Distanz bei diesen Themen, sie sind ohne Ironie und Affirmation. Und dennoch sind sie ungeheuer radikal.
„Es bricht sich eine existenzielle Betroffenheit die Bahn, die dieses Werk im zeitgenössischen Kontext von Kunst und Religion beinahe singulär erscheinen lässt. In Bruères Archiv sind Hunderte an Blättern, Skulpturen – vor allem kleine Kreuze – archiviert. Nun kommen große Leinwände hinzu, die jeweils nur einen Titel tragen: Das Datum der Vollendung. Es gibt wohl kaum einen Künstler im internationalen Kunstgeschehen, der sich mit einer derartigen Durchsichtigkeit und Zerbrechlichkeit der "alten" Gestalten des Christentums annimmt, wie Guillaume Bruère“,
Corona-bedingt findet der schon zur Tradition gewordene "Kunst-Aschermittwoch" in St. Andrä dieses Jahr in zwei Teilen statt: Am 17. Februar um 10.30 Uhr setzt die diesjährige Kunstaktion von St. Andrä und KULTUM zum Aschermittwoch mit einer ökumenischen Andacht bewusst ein Zeichen der Hoffnung. Inmitten der Pandemie ist sie der Auftakt der "Lebenstour durch Österreich", die – auf der Suche nach dem "guten Leben" – an sieben Stationen Halt macht. Sie wurde von der Essl-Foundation (Martin Essl) initiiert und wird mit dem Kollektiv ArtEmbassy (Emmerich Weissenberger und Nora Ruzsics), dem Österreichischen Institut für Nachhaltige Entwicklung (Alfred Strigl) und Partnern aus Wirtschaft, Kultur und Kunst umgesetzt.
In Graz stehen "Sinn, Wert und Spiritualität" im Mittelpunkt.
Am 9.2.2021 wäre der Theologe, Ökumeniker und Liturgiewissenschaftler Philipp Harnoncourt 90 Jahre alt geworden. Ich möchte an ihn erinnern: Vor etwa drei Jahren ist er mit einer Idee an mich, als sein im letzten Jahrzehnt regelmäßig solidarischen Projektunterstützer, herangetreten, dass er zu eben diesem 90. Geburtstag seinen zahlreichen LebensbegleiterInnen und Freunden eine Frage stellen wollte, die so lautete: "Habt Ihr verstanden, was ich Euch mitteilen wollte?"
Die Frage klang damals für mich irgendwie befremdlich, ich deutete sie als angelehnt an literarische Abschiedsreden. Ich habe damals dieses, sein neues "Projekt" etwas nach hinten geschoben: "Es ist ja noch Zeit, Philipp!" Zum Aussenden der Fragen ist es dann nicht (mehr) gekommen, er starb im vergangenen Mai. Ich möchte sie heute an alle, die UProf. Philipp Harnoncourt gekannt, geschätzt, gemocht haben, in Form eines Videos weiterreichen.
Am letzten Jännertag 2021 wurden die letzten Platten im Kreuzgang des Minoritenklosters verlegt: Eine Baustelle, die seit dem Beginn des ersten Lockdowns uns alle Anstrengungen abverlangt, hat ihr erstes Etappenziel erreicht. Ein aufgestemmter Kreuzgang, ein zugehüllter Kreuzgang – das hatte schon (wenn man es positiv sehen möchte) etwas Künstlerisches.
Der äußere Umbau geht aber auch mit einem inneren Umbau einher. Ein erstes Signal für diese weitreichende Veränderung in diesem Areal ist das neue Logo: Aus "K" wird ein "M". Eine neue Perspektive - nicht nur für das KULTUM, sondern für viele Kulturveranstalter unserer Stadt und unseres Landes - tut sich auf, wenn im Herbst dieses wunderschöne Areal mit einem renovierten Kreuzgang und den ebenso renovierten Minoritensälen wiedereröffnet wird.