Das erste Halbjahr des Jahres 2017 stand ganz im Zeichen des 500 jährigen Reformationsjubiläums. "VULGATA. 77 Zugriffe auf die Bibel" (1. Mrz. – 8. Jul. 2017) befragte die Bibel in unterschiedlichsten Zugängen aus zeitgenössicher Kunst. Die Schau, die auf große Medien- und BesucherInnenresonanz stieß, wird von März bis Juli 2019 im Dom- und Diözesanmuseum in Mainz gezeigt werden. Es erschien ein, auf Deutsch und Englisch verfasstes Katalogbuch mit einem begleitenden Bildessay von Kurator Johannes Rauchenberger. Die Schau befragte mit Werken von 33 Künstlerinnen und Künstler der Gegenwart ein Buch, das in der Menschheitskultur zu den wesentlichsten Inspirationsquellen der Kunst zählt. Und das Gläubige als Heilige Schrift betrachten, das heißt als einen Text, der heilig ist, bindend und inspirierend für das eigene Leben – trotz allen Wissens, dass er historisch entstand, vollkommen unterschiedliche Textgattungen enthält, höchst unterschiedlich in seiner literarischen Qualität und immer weniger kompatibel mit einem modernen, durch die Erkenntnisse der (Natur-)Wissenschaft determinierten Weltbild ist. Dort befinden sich die Brüche, die Abbrüche, die Ironien und zugleich die kreativen Energien ihrer mythischen und spirituellen Kraft. Dort ist auch der Ort einer Kunst, die Vertrautes, Verlorenes oder Fremdes neu sehen lässt.
Im Sommer konnte die Personale „Klaus G. Gaida: Argument wie 1 Tulpmstengel“ gezeigt werden, ein Kunstprojekt an der Grenze zur Literatur, das Entstehungsprozesse literarischer Werke der Autoren Thomas Bernhard (1931-1989) Hermann Burger (1942-1989), Thomas Kling (1957-2005), Arno Schmidt (1914-1979) in Form großer Tafelbilder neu sichtbar machte. Die Ausstellung handelte vom Durchgestrichenen, das als solches das Poetische am Ende stärkt.
Zur 50. Ausgabe des steirischen herbst 2017 beteiligte sich das KULTUM mit "Hoffnung als Provokation", einem international besetzten Literaturfestival und der Ausstellung "SPIRO.SPERO" (23. Sept. - 18. Nov. 2017). Der uralte Satz. „Dum spiro, spero.“ „So lange ich atme, hoffe ich“ (Cicero) wurde von den beteiligten Künstlern Michael Endlicher, Tom Schmelzer, Michael Kos und Jochen Höller existenziell, als subtile Gesellschaftskritik und mit Bildern aus Mythos und Religion bearbeitet. Ist Hoffnung schwarz, eingesperrt in der Box der Pandora oder eine Sehnsucht am Ende der Leiter, ganz oben? Bleibt Hoffnung permanent gefährdet, zu platzen? Der Horizont der Hoffnung ist in Zeiten von Trump und dem Siegeszug von Populisten eng geworden. Können Bilder, kann Literatur diesen weiten? Zum Jahreswechsel 2017/18 wurde schließlich das poetisch-stille Projekt der Linien von Renate Krammer präsentiert: In einer extremen formalen Reduktion, die die Künstlerin seit nahezu 20 Jahren durchführt, war die Anmutung sinnlich nachvollziehbar, sich in der "Poesie der Linie" ganz auf das Wesentliche zu beschränken: Eine längst fällige „Retrospektive“ Krammers und ein ein öffentlicher Beitrag zur Verlangsamung in einer schnelllebigen Zeit.