Das synoptische Portrait: Saphira Wing. Friedemann Derschmidt & Team
Ein synoptisches Portrait besteht aus der Zusammenschau einer Anzahl von gefilmten Gesprächssituationen, bei der eine (die portraitierte) Person mit jeweils unterschiedlichen Gesprächspartner:innen über sich spricht, den eigenen biografischen Werdegang erzählt und über die eigenen familiären Herkunftsgeschichten ebenso reflektiert wie über die persönliche Verortung der eigene(n) Identität(en) und die eigene Rolle in der Gesellschaft. Beide Gesprächspartner:innen werden dabei in multiperspektivischer Form gefilmt, wobei in der filmischen Inszenierung ein besonderes Augenmerk sowohl auf die Beobachtbarmachung der Körpersprache als auch der Gesichtsmimik der Beiden gerichtet ist. Sofern die zu portraitiernde Person multisprachlich ist, werden Gespräche auch in so vielen Sprachen geführt, als es möglich ist und sinnvoll erscheint. Bei der Auswahl der Gesprächspartner:innen spielen Gender, Alter, jeweilige Herkunftsgeschichten und besonders auch die Art der Beziehung zur portraitierten Person eine entsprechende Rolle. Es entstehen also mehrere durchgehende Gespräche, die erst in der Zusammenschau zueinander das synoptische Portrait ergeben. Nicht das jeweils einzelne Gespräch ist ausschlaggebend sondern die Interferenzen der Vielen zueinander. Ziel ist es, die Person in einer Form zu portraitieren, die es den Betrachtenden später erlaubt, sich über die einander überlagernden Erzählungen der portraitierten Person in ihrer oft komplexen und vielschichtigen Identitätskonstruktion anzunähern und ein nichtlineares Bild dieser Person zu gewinnen.
Alle beginnen gleichzeitig zu reden. Eine sehr diverse Polyphomie an Stimmen; Fragmente und Sätze – ein poetistisches Tableaux. Aus der Vielstimmigkeit lösen sich immer wieder zwei Stimmen: Der Reigen beginnt. Es wird gelacht! In unmittelbar aufeinanderfolgenden Gesprächsfragmenten lernen wir Saphira kennen und erleben wie sie sich wandelt, je nachdem mit wem sie spricht und in welchen Sprachen: Es entspinnt sich eine vielschichtige Erzählung über Erfahrungen von Rassismus, Antisemitismus und Diversität in Schule und Kindergarten oder im öffentlichen Raum in Wien, London oder den Vereinigten Staaten; es geht um die Verflechtungen der gesellschaftlichen Erfahrungen mit der eigenen Familiengeschichte.
Friedemann Derschmidt