Im Bann (s)einer großen Erzählung: Josef Fink (1941–1999) zum 25. Todestag
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Die Schau ist die erste von drei „Jubiläumsausstellungen“ zum 50. Geburtstag des KULTUM im Jahr 2025. Josef Fink hat das Kulturzentrum 1975 im Auftrag von Bischof Johann Weber begonnen und fast durchgehend mit Harald Seuter bis zu seinem Tod geleitet. Die gezeigten Werke stammen aus dem umfangreichen Nachlass der Familie Koller, von weiteren privaten Leihgebern und aus dem Nachlass der Sammlung Karl Pauritsch.
Die Ausstellung ist in folgende Abschnitte gegliedert:
Szenen, Fotos und Plakate: Ein Tableau aus einem dichten Leben |
2. Monotypien zum Alten Testament (1966) |
Im Jahr seiner Priesterweihe entsteht ein mehrteiliger Zyklus mit Episoden aus dem Alten Testament: Es sind Monotypien, also Einmalabzüge von auf Glasplatten gemalten Szenen. Josef Fink erweist sich darin als begabter Illustrator biblischer Geschichten. Im Zuge der damaligen Umwälzungen der katholischen Kirche rund um die Erneuerungen des II. Vatikanischen Konzils steht der Theologiestudent und spätere junge Kaplan Fink dezidiert auf der Seite der Reformer, eine Haltung, die er bis zum Lebensende beibehalten wird. Josef Fink
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3. Er kam (1966) – Freundliche Apokalypse |
4. Josef Fink, der Schriftsteller |
5. Zwei Passionen: Dokumente des Umbruchs – und der Weg in die Abstraktion |
Noch aus der Zeit seines Theologiestudiums (1964) stammt der der Bildsprache der Abstraktion verpflichtete Zyklus der „Passion“, der ursprünglich 64 Szenen umfasst. Passionszyklen haben eine reiche Verwurzelung in der christlichen Bildgeschichte, sie folgen Einzelszenen aus den erzählerisch breit ausgelegten Szenen aus den Evangelien, die das Leiden Jesu berichten. Gerade in den Kreuzwegstationen haben sie ein klares ikonografisches Regulativ. Expressionistisch in der Formensprache hat sich der junge Josef Fink dem Zyklus in der Szenenwahl aus sehr freien Stücken angenähert. Formal hat er Anregungen aus seiner 1962 mit Karl Pauritsch und Hannes Scheucher unternommene Paris-Reise erhalten. Besonders George Rouault und Marc Chagall faszinieren ihn damals sehr. Erst ein Jahr zuvor hat er sich erstmals mit der Technik der Monotypie zu auseinandergesetzt, die er hier bereits anwendet. Seine Monotypien zur Passion Christi kann er dann 1964 im Katholischen Studentenhaus in der Leechgasse zeigen. Fast wäre der Zyklus im Piper-Verlag publiziert worden. Ganz anders hingegen gestaltet sich fünf Jahre später seine zweite Passion in Bildern. Darin zeigt sich sein Weg in die Abstraktion im Sinn der Bauhaus-Pädagogik, den er konsequent mit der Herausgabe eines sechzehnteiligen Kreuzwegs („Eine Spur zeichnet das Land“) in Siebdrucktechnik (in Zusammenarbeit mit Elisabeth Podgornik) beschreitet, gefolgt von den beiden Linolschnittmappen „Spuren 1“ und „Spuren 2“ (1971/72). Der Linolschnittzyklus Spuren 1, 1971, zeigt kalligrafische Akkumulationen, engels-gleiche Wesen, schriftähnliche Zeichen und landschaftliche Kürzel, jedenfalls ist die Abkehr von der Figuration vollzogen. Josef Fink
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6. Krise 1968: Historische und biografische Brüche |
Die Umwälzungen der späten 1960er Jahre in Gesellschaft („Vietnam“; „1968“) und Kirche rund um Reformer und Bewahrer führen auch bei Fink zur Krise. Engste Freunde der so genannten „Wilden Kapläne“ haben als bereits geweihte Priester um Laisierung angesucht. Papst Paul VI. hat die Zölibatsverpflichtung katholischer Priester nicht gelockert. Die Wirren im Klerus der Diözese Graz-Seckau führen 1968 sogar zum Rücktritt des Bischofs, seines „Weihebischofs“, wie Fink Josef Schoiswohl nennt: Er hatte ihm als Diakon das Tanzen verboten. Auch seine Rede bei einem Event eines „Volksbegehrens zur Abschaffung des Bundesheeres“. Die dann Helmut Strobl (der spätere Kulturstadtrat in Graz) abliest. Der nunmehr in Deutschlandsberg wirkende Kaplan Fink gestaltet 1969 ein Poster mit dem Konterfei Che Guevaras – die weltanschauliche Positionierung ist damit deutlich. Diese führt zu zahlreichen biografischen Brüchen. Fink kleidet sich von nun an „weltlich“. Schließlich will auch er gehen. Sein Laisierungsgesuch aber wird vom damals erst frisch geweihten Bischof Weber aber in eine Beurlaubung umgewandelt („Er bat mich, zu bleiben“); Fink darf zu einer persönlichen Neuorientierung für zwei Jahre nach Wien zu einem Kunststudium – versorgen muss er sich allerdings selbst (es ist noch ein Autokredit ausständig). Er wird in der Klasse von Carl Unger aufgenommen. Der Aufenthalt in der Hauptstadt, vor allem die regelmäßigen Galerienbesuche, über die er in der „Kleinen Zeitung“ berichtet (die ihm damit den Unterhalt sichert), und die Besuche der „Galerie nächst St. Stephan“ erweitern sein Kunstverständnis nachhaltig: Msgr. Otto Mauer wird ihm zum Vorbild: Wie dieser die „Galerie St. Stephan“ aufgrund von Kirchenkonflikten 1964 in „Galerie nächst St. Stephan“ umbenannte, wird er 1975 analog auch das Kulturzentrum „bei“ den Minoriten nennen. Vorher aber kehrt er 1972 als Kaplan (nach Graz-Kalvarienberg) zurück. Dort ist er vollkommen überfordert. Die Künstlerrunde um Karl Heinz Haysen („Odysseus in Domino“) fängt ihn auf. In dieser lernt er 1972 die Malerin Edith Temmel kennen (die ihm bis zu seinem Tod treue Freundin ist und von nun an allen „Meditationen“ mitwirkt. Fünf Jahre nach Finks Tod führt sie die Künstlerklausuren für einige Jahre fort). Am 5. November 1975 beauftragt ihn Bischof Johann Weber mit der „Künstlerseelsorge“ und der Leitung des „Kulturzentrums bei den Minoriten“. Seine innere Nähe zu Bischof Weber bleibt bis zu seinem Tod. |
7. Die sakralen Räume des Josef Fink |
„Neben den Kapellen- und Kirchenwerken (…) ist das gekreuzigte Brot ‚Ich schlage einen Nagel in dich, du hältst Deine Hand hin‘ (1989) wohl das eindrücklichste und wichtigste Werk Josef Finks, weil es sein Denken und Empfinden mit expressionistischer Wucht bloßlegt“ (Karl Mittlinger). Es ziert u.a. Finks Lyrik-Band „Chronischer Himmel“. Diesen mit allen ihm zur Verfügung stehenden künstlerischen und theologischen Mitteln darzustellen – der konstruktivistischen Abstraktion, der Transzendierung des „Vitruv’schen Menschen“, der Einstein‘schen Formel E=mc2 (die bereits früh seine Leidenschaft für Naturwissenschaft als Ort der Transzendenz dokumentiert), den Gebeten Jesu wie dem Vater Unser oder den Seligpreisungen der Bergpredigt, den aramäischen Namen „JESCHUAH“, den „100 Namen Gottes“, dem „Seelenbot“, dem Spiralnebel der Milchstraße, der Kosmogenese (von den ersten Höhlenzeichnungen bis hin zur Vollendung im kosmischen Christus) – ist Josef Finks innerstes Feuer in der Gestaltung seiner Sakralräume. Es sind die Kapellen des ehem. Bildungshauses Mariatrost (1974), jene des Hirtenklosters (1984, heute „Mosaik“), des Aloisianums in der Herrgottwiesgasse, eines Andachtsraumes der Caritas, in dem sich u.a. anonyme Alkoholiker treffen (1989, heute im wiederaufgebauten Andachtsraum der Caritas); der Aufbahrungshalle in Graz St. Veit (1990), es ist auch der Altar für die Schatzkammerkapelle im Grazer Minoritenkloster (mit Othmar Krenn, 1994) und schließlich die Altarwand für die Wochentagskapelle in der Grazer Schutzengelkirche. Darüber hinaus ist es ein großes Anliegen Finks, auch die liturgischen Gewänder einer zeitgenössischen Formensprache anzupassen. In der Meditation „Vasa sacra et casula“ (1994) entstehen etwa seine Entwürfe für Kaseln im liturgischen Jahreskreis. Josef Fink, Ich schlage einen Nagel in dich, du hältst deine Hand hin, 1989
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8. Abstrakte Fotografie und Fotobücher |
„Es geht ihm um die Textur der Schöpfung.“ Roman Grabner hat das fotografische Werk Josef Finks in „Wie eine helle Brandung. Josef Fink“ (2009) erstmals analysiert und aufbereitet und beginnt sein Kapitel mit einem Zitat: „Das Jeweilige und Vordergründige war für mich nie das ein und alles des Daseins. Hinter dem Augenschein der Dinge sehe ich wie durch eine Membran das größere Geheimnis des Lebens.“ Hunderte an Fotoabzügen hinterlässt Fink als Fotograf: Sie sind weitgehend undatiert und entstanden wohl in den späten 1980er und 1990er Jahren. Fink erweist sich darin als sensibler Fotokünstler, dem die Aspekte von vorgefundenem Material und vor allem Licht interessieren. Eine Synthese von Finks fotografischem Blick und seinem enormen Lesewissen dokumentiert er in seinen Beiträgen der drei letzten Künstlerklausuren von 1995 bis 1997, in denen er Bild-Text-Verschränkungen zeigt. Während der Meditation ´95 mit dem Thema „Licht“ auf Schloss Poppendorf entsteht sein 40 Seiten umfassendes Liber Lucis. In diesem „Buch des Lichts“ kombiniert er eigene Fotografien mit Texten von Mystikern über das (göttliche) Licht. Im darauffolgenden Jahr (1996) findet die Künstlerklausur in Jerusalem statt. Für Al Quds, die Stadt auf dem Berge entwickelt er den 200 Seiten starken Zyklus Liber Hierosolymae, der Schriftstellen über Jerusalem aus der Bibel und von Dichtern und Autoren mit Fotografien seiner zahlreichen Israel-Reisen konfrontiert. Diese Auseinandersetzung mit der Heiligen Stadt dreier Weltreligionen ist der Anlass für sein letztes großes Ausstellungsprojekt über das himmlische Jerusalem, das schließlich im Jahr 2000 als „Gedächtnisausstellung für Josef Fink“ präsentiert wird. 1997 schließlich, seine erste Fußamputation liegt bereits hinter ihm, zeigt er bei seiner letzten Künstlerklausur in Schloss Poppendorf, das „Buch der Schönheit“ (liber pulchritudinis). |
9. Filme über den Kosmos, den Sinn des Lebens und Gott |
Rektor Josef Fink ist von 1976 bis 1992 auch Drehbuchautor von insgesamt 30 TV-Filmen für den ORF. Die erste Initiative dazu geht von Fink aus. 1979 deponiert er beim damaligen Sendungsverantwortlichen eine „eine Kiste voll ‚Material‘ (Bücher und Bilder) in seinem Büro (…), woraus ein spektakulärer Film über die Schöpfung mit rotierenden Galaxien, dröhnenden Sternen und tanzenden Planeten in uriger Regie gestaltet werden solle.“ (Jos Rosenthal). Fink sollte ob seiner Hartnäckigkeit abgewimmelt werden, doch es entstand in den darauffolgenden 15 Jahren eine intensive Zusammenarbeit mit dem Regisseur Jos Rosenthal; bereits der erste Film wurde mit einem Wissenschaftspreis bedacht. Gemeinsam mit dem damals Verantwortlichen für Wissenschaftsfilme im ORF, „arbeitete er an 20 Dokumentationen bei Drehbüchern mit. Bei sieben weiteren Dokus war er zusätzlich selbst einer aus jener Schar an Künstlern, Wissenschaftlern und Querdenkern, die zur jeweiligen Fragestellung um ihre Antwort gebeten worden waren Das war natürlich mit vielen gemeinsamen Reisen verbunden – nach Israel, Ägypten, Jordanien, Tansania, Griechenland, Spanien, Italien, Irland, Algerien.“ (Jos Rosenthal). Im Rückblick zeigt sich, dass es seine Mitarbeit an den Fernsehfilmen ist, die Fink zu den ausgedehnten Reisen führen und u.a. zu den landschaftlichen Schönheiten der Wüsten bringt. Er muss sie auf kleinen Reiseaquarellen festhalten. Später entstehen daraus die „Meditationen“ im Heiligen Land. Filmausschnitte mit Zitaten Josef Finks:
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10. Schriftfragmente als Spuren des Geistigen |
Nach seiner „konstruktivistischen Phase“ in den 1970ern folgt ab 1979 abermals eine radikale Neuorientierung in Finks Formensprache: Anlässlich einer Palästinareise zu Dreharbeiten wird er mit den verwitterten Schriftzeichen der Nabatäer, einem Stamm aus dem 5. und 4. vorchristlichen Jahrhundert, in der Negev-Wüste konfrontiert. Daraufhin wendet er sich der künstlerischen Verwendung von Symbolen und Schriftzeichen zu, die er hinfort immer wieder in seinen Werken einsetzt, nicht selten in Symbiose mit unmittelbaren Natur- und Strukturstudien, in denen sich eine freiere Malweise und ein spontanerer Ausdruck bekunden. In den Schriftbildern taucht in dieser Zeit schließlich immer wieder der aramäische Name „JESCHUAH“ auf: „Jesus, der Name unter den Wörtern“, eine kleine Druckgrafik, ist dafür ein besonders schönes Beispiel. Auch eine Kasel, die er Bischof Weber schenkt, trägt diesen Schriftzug, ebenso das „Jeanskreuz“ für die in dieser Zeit gestalteten Kapelle im Hirtenkloster (heute Mosaik). Josef Fink,
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11. Erinnerungen an die Erde |
Während der Meditation ´85 malt Josef Fink seinen 15-teiligen Zyklus „Erinnerungen an die Erde“. Die Hochformate in Tempera fassen Felder, Blumen, Steinritzungen und Strukturen in zeichenhafter Verkürzung in geometrisierende Formen. Die Kürzel aus den Schriftzeichen, mit denen Fink seit einigen Jahren arbeitet, werden in den darauffolgenden Jahren zum Charakteristikum seiner Landschaften werden. Im Durchblick:
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12. Felder der Oststeiermark |
Die grünen Felder der Oststeiermark im Sommer, ihr charakteristischer Kukuruz, haben es Josef Fink besonders angetan. Mehrfach setzt er sich malerisch mit ihnen auseinander; die Sommermonate verbringt er, wenn er nicht in Israel ist, auf seiner Keusche in Katzendorf bei Gnas. Dort malt er jeweils in Serie. Die strenge Strukturierung mittels breiter Pinselstriche in den Aquarellen entstammt der Reduktion der Felder und ihrer aus der Vogelperspektive erfassten Muster. Gelb-Grün, aber auch erdiges Braun-Rot sind hier dominant. Der Abstraktionsprozess mündet in Darstellungen, in denen die Rechteckform der blau grundierten Blätter die Oberhand gewinnt – vor dem monochromen Grund entfalten sich die geometrischen Formen der Felder im freien Spiel zu einander. Dieser hohe Abstraktionsgrad wird auch in einer Serie von Blättern erreicht, in denen einzelne mit Pinsel ausgeführte Strichlagen sich vor hellem grauen Grund scheinbar zufällig bündeln und im Bewusstsein des Betrachters den Eindruck des Landschaftlichen hinterlassen. Josef Fink,
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13. Textur der Wüste |
Seit den frühen 1980er Jahren fährt Josef Fink – meist bedingt durch seine zahlreichen Dreharbeiten mit Jos Rosenthal – regelmäßig nach Israel/Palästina: Seine Sehnsuchtsorte sind vor allem die Wüste des Negev, die Gegend um das Tote Meer, die Bucht zum Roten Meer um Nuweiba, ja die Wüste Sinai insgesamt. Fink ist fasziniert von den Gesteinsformationen, ihre farbliche Prägnanz zwischen Ocker und Rot. Hunderte an Blättern, die er zunächst vor Ort und später auf größeren Formaten dann auch im Atelier gezeichnet bzw. gemalt hat, sind mit diesem Thema überliefert. Später hält Fink in der Wüste Sinais und Israels auch mehrmals seine „Meditationen“, d.h. Malerklausuren ab, in die er seine große Erzählung der Bibel einschreibt. „Land der Verheißung – Galil – Eden“ (1991) etwa findet im Kibbuz Kfar Ruppin statt; „Sinai – Berg des Bundes“ (1993) in Nuweiba am östlichen Rand der Halbinsel des Sinai, „die Stadt auf dem Berge“ (1996) schließlich findet in Jerusalem statt: Bei dieser „Meditation“ wird sich Fink an der Fußsohle verletzen – eine Wunde, die nie mehr heilen und die schließlich zu den Amputationen in den beiden darauffolgenden Jahren führen wird.
Josef Fink,
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14. Todesahnungen |
In Rot leuchten die vertikal angeordneten Bilder aus dem Zyklus „Post Festum – nach der Säge“ entgegen. Sie sind ein erschütterndes Dokument aus der Zeit, in der Fink beide Beine amputiert werden. Sie entstehen quasi im Delirium: dumpfe, „hektisch aufgetragene Farbschichten, vor allem aber Rot in Rot gehaltene Blätter, in denen aus dem schmerzerfüllten, purpurnen Grund ausgeschlagene, verfließende Flecken wie hellrote Blutgerinnsel aufleuchten.“ (G. Pochat) Bereits ein Jahr zuvor (1997) gerinnen seine bisherigen, so leichten Landschaftsbilder zu „Bildern eines kalten Sommers“. Die Bildserie wird von kalten Farben dominiert und die durchscheinende Leichtigkeit des Aquarells weicht einer undurchlässigen Farbdecke, durch deren dichte Schwaden nur selten das Licht blinzelt. Es sind Seelenlandschaften, die eine bleierne Zeit („Himmelblei“) antizipieren. „Schmerz“, von dem hier ein Bild zu sehen ist, zeigt eine expressiv gekrümmte Kreuzgestalt: Sie entsteht an dem Tag, als sich sein Freund Fritz Hartlauer, Schöpfer der „Urzelle“ und ein großer Einzelgänger in der steirischen Moderne, 1985 das Leben nimmt. Zwei Jahre nach dieser Todesverarbeitung entsteht der Zyklus „Memento Homo“: Das Motiv eines aus dem Kreuz wachsenden Baumes mit ausladender Krone – der Lebensbaum steht neben Blättern wie „Bahre“, „Katafalk“, „Altar“, malerische Inszenierungen eines Leichnams. In diesem Raum ist Josef Fink, der 30 Jahren lang an Diabetes leidet, am 29. November 1999 an Unterzuckerung verstorben. Josef Fink,
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15. … am Ufer der Ewigkeit |
Die letzte von Josef Fink geplante Ausstellung, zu der er zahlreiche Künstler*innen geladen hatte, heißt „Himmlisches Jerusalem“. Er wird sie nicht mehr erleben. Wenige Wochen nach seinem Tod wird sie 2000 als „Gedächtnisausstellung“ gezeigt. Sein eigener Beitrag ist ein 20-teiliger Zyklus mit Ölfarbe und Aquarell auf Papier, die eine Art von Grundriss von oben zeigt: „Jerusalem ist eine Hafenstadt am Ufer der Ewigkeit“. Diese ewige Stadt erscheint längst von oben, als ob er seinen Weggang Monate vorher schon antizipiert hätte. Ein anderes Ufer malt er zehn Jahre vorher: „Das Licht des Kinnereth“. Dieses neunteilige Aquarell ist ganz in Blau gehalten. Fink fängt die Lichtstimmung des Sees Genezareth mit gekonntem Pinsel-Duktus ein. Und implizit damit jenen Ort, der in der Verkündigung Jesu eine herausragende Rolle einnimmt: Unmittelbar in der Nähe ist der Berg der Seligpreisungen, unmittelbar nahe auch Kapharnaum, unmittelbar am Ufer die so genannte Brotvermehrungskirche. Fink verzichtet auf irgendeine symbolische Andeutung und macht gerade so – in der kachelartigen Anordnung zu einem Kreuz – die zentrale Botschaft Jesu vom Reich Gottes, das an eine ganz spezifische Landschaft und dem See gebunden ist, sichtbar. Bei der Schlussveranstaltung zum „Tag der Steiermark“ (26. Juni 1993) am Grazer Hauptplatz ist dieses Aquarell der Ausgangspunkt für ein etwa 15 Meter großes „Wasserkreuz“. Dieser Siebdruck auf Leinen findet dann in der Kirche in Wettmannstätten (Weststeiermark) seine verkleinerte Aufstellung. 1995 stellt Fink das Ursprungs-Bild für die Ausstellung „Unbedingte Zeichen. Glaube und Moderne an der Schwelle“ zur Verfügung, eine Ausstellung von 40 Gegenwartskünstler*innen im Pfarrzentrum am Weizberg, die Fink mit seinem späteren Nachfolger Johannes Rauchenberger, der die Schau mit Willi Fink und der Hilfe Finks kuratiert, das erste Mal verbunden hat. Josef Fink,
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16. Reigen |
Der letzte Raum dieser Ausstellung über das künstlerische Werk von Rektor Josef Fink ist seinen „Tänzern“ gewidmet. Wenige Meter nur entfernt ist es im von ihm gegründeten „Kulturstock zwo“ (1989) das erste Mal gezeigt worden, er hat die Präsentation damals als „Grabkammer“ verstanden wissen wollen; dabei hat er sich selbst mit einer Schaufensterpuppe als „Sepp-Figur“ (Edith Temmel) – bandagiert – inszeniert. „Ich werde meinen Geburtsschrei hören und ertrinken in Tanz“ ist der Titel dieser Arbeit Finks, die im Rahmen der Meditation `89 entstanden ist, die unter dem Thema „Tod Exodus Wandlung“ gestanden ist. Im ursprünglichen Arrangement zeigt die Serie 30 Tänzerinnen und Tänzer in unterschiedlichsten Bewegungsformen, die Fink dann auf Siebdruck vielfach reproduziert hat. „Wenn Ihr bei meinem Tod nicht tanzen sollt, seid ihr selber schuld“, verkündet Josef Fink zu dieser Zeit. Es hat bei seinem Tod, auch nicht beim Begräbnis, niemand getanzt, im Gegenteil. Das Motiv der Tänzer hat aber das Cover der Gedächtniszeitung des Kulturzentrums für Josef Fink geziert, mit der das plötzliche Sterben am 29. November 1999 mitgeteilt worden ist. Josef Fink, "Ich werde meinen Geburtsschrei hören und ertrinken im Tanz", 1989
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Gleichzeitig markiert die Eröffnung auch eine neue Etappe im Minoritenzentrum: Viele Räume wurden in den letzten Monaten neu gerichtet und für Ausstellungen miteinander verbunden, zwei weitere Abteilungen des diözesanen Ressorts für „Bildung, Kunst und Kultur“ sind Teil dieser Neuausrichtung und übersiedeln im Laufe des Frühjahrs in das Minoritenkloster.