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Demokratie | Democracy

Pfarrkirche, Feldbach

Der Turm der Pfarrkirche Hl. Leonhard war im Kriegsjahr 1945 gesprengt worden, wodurch nur das Untergeschoß erhalten geblieben ist. Erst zwischen 1961 und 1964 konnte nach Plänen von Eberhard Jäger ein neuer, frei stehender Glockenturm errichtet werden. Der 72 Meter hohe Turm aus Sichtbeton besteht aus zwei Betonwangen mit Querstreben. Über dem letzten Geschoß mit dem Läutwerk setzt ein Turmhelm aus vertikalen Metallstäben an, der mit einem Kreuz abschließt. Dieser ungewöhnlich hohe Glockenturm wurde zu einem weithin sichtbaren Zeichen in der Gemeinde Feldbach, blieb aber dennoch ein Fremdkörper im Ort. Die für unseren Raum ungewohnte Formgebung und die nüchterne Betonarchitektur führten zu jahrelangen Diskussionen innerhalb der Gemeinde, auch über einen Abbruch des Turmes. Schließlich entschloss man sich zu einem künstlerischen Wettbewerb, aus dem ein besonderes Kunstprojekt unter der Leitung des steirischen Künstlers Gustav Troger (*1951) hervorging. Troger erarbeitete 1987 gemeinsam mit zwanzig Jugendlichen aus der Pfarre eine Form der Bemalung, die sich zu einem „Bild der Demokratie“ entwickeln sollte. Die Grundidee dabei war das Gestalten im kirchlichen Verband, um den Gemeinschaftsgedanken zu stärken: „Viele Farben, ein Turm – viele Menschen, eine Pfarre.“ Troger wählte eine Art Tarnmuster als Grundstruktur, welches die Betonwangen flächig überzieht. Damit kommt er in subversiver Weise dem eigentlichen Wunsch vieler in der Gemeinde nach, den Turm zum Verschwinden zu bringen. Der Künstler stellte eine Palette von 38 Farben mit Weiß- oder Schwarzbeimischungen zusammen und zeichnete die Formen auf den Turmwänden vor. Die Ausmalung der Felder führten zwanzig Jugendliche der Pfarrgemeinde aus. Durch genau festgelegte Farbgewichtungen wird ein Bildrhythmus erzeugt, der den Blick springen lässt und die Fläche somit zur Auflösung bringt. Troger experimentierte über mehrere Jahre in einer Reihe von „Fleckenbildern“ mit Farbwirkungen und Farbklängen. Entgegen der herkömmlichen Bedeutung eines Tarnmusters werden hier jedoch plakative Farben für die Gestaltung verwendet, wodurch sich der Turm in ein farbkräftiges Zeichen verwandelte. Der Künstler spielt in seiner Arbeit auf die Vielschichtigkeit der Wahrnehmung an: Das, was man unsichtbar machen wollte, die von der Gemeinde gewollte Auflösung, kehrt sich um und wird umso deutlicher erkennbar, verdeckt jedoch gleichzeitig das Unerwünschte.

Eva Tangl

GUSTAV TROGER Demokratie / Democracy, 1987, Bemalter Kirchturm / Painted steeple Pfarrkirche Hl. Leonhard, Feldbach | Diözese Graz-Seckau/Nikola Milatovic

"Viele Farben, ein Turm – viele Menschen, eine Pfarre"

"Many colours, one tower— many people, one parish"

GUSTAV TROGER Demokratie / Democracy, 1987, Bemalter Kirchturm / Painted steeple Pfarrkirche Hl. Leonhard, Feldbach

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The tower of the parish church of Saint Leonard was blown up in the war year of 1945, so only the ground floor remained intact. As late as between 1961 and 1964, a free-standing bell tower was built based on plans by Eberhard Jäger. The exposed concrete tower of a height of 72 metres consists of two concrete framings with cross studs. A spire made of vertical metal rods that is capped off by a cross is built on the highest floor with the bells. This unusually high bell tower became a symbol of the community of Feldbach that was visible from afar but nevertheless remained a foreign object in the town. The design, which is unusual in our part of the world, and the sober concrete architecture caused years and years of discussion within the parish and an artistic competition was tendered from which a special art project under the direction of the Styrian artist Gustav Troger (*1951) emerged. In 1987, and together with twenty young adults from the parish, Troger worked out a form of ornamental painting that would develop into a “Picture of Democracy”. Thereby, the basic idea was joint designing within the parish in order to strengthen the idea of community. “Many colours, one tower—many people, one parish.” Troger chose some kind of camouflage pattern as the basic structure, which covers the surface of the concrete framings. With this, he complies in a subversive manner with the parish’s request to make the tower disappear. The artist composed a palette of 38 colours with admixtures of white or black, and sketched out the shapes on the tower walls. Twenty adolescents from the parish community painted out the fields. A visual rhythm is created through precisely determined weighting of colours that makes the viewer’s gaze jump to and fro, and thus dissolves the surface. In a series of “patch images”, Troger experimented with the effects and sound of colours for several years. Yet, contrary to the conventional meaning of a camouflage pattern, striking colours are used for the design here, which turned the tower into a powerfully coloured symbol. The artist alludes to the complexity of perception in his work. Thus the invisible, the dissolution intended by the parish, is reversed and all the more clearly perceptible; yet, at the same time it hides what is unwanted.

Text aus |Text from: Sakral : Kunst, Innovative Bildorte seit dem II. Vatikanischen Konzil in der Diözese Graz-Seckau | Sacred Art Innovative Pictorial Sites in the Diocese of Graz-Seckau since the Second Vatican Council. Ausgewählt und mit Texten erläutert von | Selected and explained with texts by Hermann Glettler, Heimo Kaindl, Alois Kölbl, Miriam Porta, Johannes Rauchenberger, Eva Tangl. Mit einem Einleitungsessay von | with an introductory essay (German only) by Johannes Rauchenberger, Regensburg 2015, S. | p. 54-57.