Museum Raum 01

Ila: Das Andere folgt auf Eins, 2012

Wahrheiten müssen robust sein – gerade wenn sie im Widerstreit liegen. Der in Graz lebende Künstler ILA, den in den letzten Jahren immer mehr die Grundbausteine des Lebens und des Seins künstlerisch faszinierten, hat mit der schwebenden Holzskulptur „Das Andere folgt auf Eins“ einen Pentagondodekaeder aus Zwetschkenholz mit einer schwebenden Krone aus geflochtenen Buchenzweigen geschaffen. Dieser eine Körper gilt als der vollkommene platonische Körper, er wird aus vielen gleichen Körpern gebildet: zwölf regelmäßige Fünfecke. Der andere, ein Buchengeflecht, schwebt wie eine Dornenkrone über diesem vollkommenen Körper. ILAs Beschäftigung mit der Weltseele, sein eigenes Wissen und Wahrnehmen, sein verkörpertes Auftreten aus Erkenntnis und Umfangen (ILA bedeutet demnach nicht nur „immens langer Atem“, sondern „ILA liebt alle“) führt zu symbolischen Gebilden, die freilich unsere konkrete Weltwahrnehmung längst durchschritten haben: Es geht um Aufnahme und Verweigerung, um Nichterkennen und Ignorieren eines uns umspannenden Seins, jenseits von Gier und Macht. So, als ob das Nichtverstehen seiner Wahrnehmung einer Verblendung gleichkäme, oder der vollkommenen Weltseele buchstäblich „die Krone aufsetzt“. Das Buchengeflecht, das über dem Pentagondodekaeder schwebt, nimmt Assoziationen zur Dornenkrone auf, womit dieser Körper ILAs nicht nur im Sinne platonischer Weltseele, sondern auch als kosmischer Christuskopf zu lesen ist, als Symbol für das Eine, das vollendet ist.

Das Andere folgt auf Eins, 2012 Zwetschkenholz, Buche Ca. 80x80x80 cm Durchmesser: ca. 150 cm KULTUM depot Graz, aus: Seelenwäsche (2013) | Ila

Ila

geboren 1969 als Christian Rieger in Leoben, Österreich, lebt und arbeitet in Graz. Er studierte Technische Geologie an der TU Graz. Die Auseinandersetzung mit der Naturwissenschaft ist ein bestimmender Faktor in seinen Arbeiten. Sein Künstlername ist dabei Programm: ILA ist ein Akronym der Behauptung, einen „Immens Langen Atem” zu haben und steht seit kurzem auch für „ILA Liebt Alle“. Seine Arbeiten waren in unzähligen Ausstellungen europaweit zu sehen. Im KULTUM wurde ILA in den Ausstellungen „Junge Malerei“ (2002), „Prometheus!“ (2010) und „Seelenwäsche“ (2013) gezeigt.

born under the name of Christian Rieger in Leoben, Austria, in 1969; lives and works in Graz. He studied Technical Geology at the Graz University of Technology. The examination of science is a key factor in his works. His professional name says it: ILA is an acronym of his claim to have ”Immens Langen Atem“ [immensely long wind] but also stands for “Ila Liebt Alle“ [ILA loves everybody] nowadays. His works have been presented in a large number of exhibitions all over Europe. ILA’s works were shown in the KULTUM in the exhibitions “Junge Malerei“ (2002), “Prometheus!“ (2010) and “Soul Underwear“ (2013).

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Ila: The Other Follows the One, 2012

Truths must be solid—especially if they are contradictory. With the floating wood sculpture “Das Andere folgt auf Eins“ [The Other Follows the One], the Graz-based artist ILA, who, as an artist, has been more and more fascinated by the basic elements of life and being in recent years, created a pentagonal dodecahedron made of plum wood with a floating crown made of beech twigs. This solid is considered the perfect Platonic solid; it is formed of many identical solids: twelve regular pentagons. The other one, a beech braid, is floating like a crown of thorns above this perfect solid. ILA’s examination of the world soul, his own knowledge and perception, his incarnated appearance consisting of knowledge and embracing (according to this, ILA does not only mean”„immens langer Atem“ [immensely long wind] but also “ILA liebt alle“ .[ILA loves everybody] results in symbolic forms which have of course left behind our concrete perception of the world: It is about absorption and refusal, about not perceiving and ignoring a form of being encompassing us, beyond greed and power—as if not understanding his perception would equal blindness, or would literally “put the lid” on the perfect world soul. The beech braid floating above the pentagonal dodecahedron conjures up images of the crown of thorns, so that this solid created by ILA may not only be read in the sense of the Platonic world soul but also as a cosmic head of Christ, as a symbol of the one which is perfect.

Text aus | Text from: Johannes Rauchenberger: Gott hat kein Museum. Religion in der Kunst des beginnenden XXI. Jahrhunderts. | No Museum Has God. Religion in Art in the Early 21^stCentury. (IKON. Bild+Theologie, hg. von | ed. by Alex Stock und Reinhard Hoeps), Verlag Ferdinand Schoeningh, Paderborn 2015, S. | p. 136-137.