In ihren bekannten „Reenactments“, in denen die Künstlergruppe G.R.A.M. bekannte medial transportierte Bilder neu inszenieren und so auch auf deren ikonischen Bildstrategien und -potenzialen hinweisen, ist der „historische Moment“, an dem Papst Franziskus seinen Vorgänger Benedikt XVI. besucht und begrüßt, ein naheliegendes Motiv wie kein zweites: Nähe und Distanz, Freundlichkeit und Umarmung werden hier in einer nachgestellten Begegnung untersucht, die es in der Geschichte des Papsttums bislang noch nie gegeben hat: ein Bild, das Geschichte schrieb.
Also: Wo zeigt sich Gott? Die biblische Tradition ist ja von einer großen Skepsis durchzogen, dass sich Gott im Bild und an einem Ort festsetzen lässt. Gemessen am Tempel von Jerusalem und an den unzähligen Sakralbauten der Welt ist die örtliche Erinnerung an der Stelle der Gotteserscheinung vor Mose erbärmlich. Die „Kapelle des brennenden Dornbuschs“ im Garten des Katharinenklosters am Sinai wird zwar von unzähligen Sinaitouristen besucht, sie ist aber eher eine Stelle des schnellen Vorübergangs hin zum Aufstieg zum Gottesberg Horeb. Auch das Künstlerkollektiv „G.R.A.M.“, das für sein humorvoll-subversives Spiel mit Bildkategorien wie Aura, Berühmtheit, Heroismus und Pathos bekannt ist, fand sich an jenem berühmten Wüstenort ein. Die unvergleichlich subversive Arbeitsweise der Künstler erwischte den früheren Ministerpräsidenten und Außenminister der tschechischen Republik in seiner flüchtigen Gottesschau vor der Kapelle des brennenden Dornbuschs. Wie durch einen Zufall brach sich auch das Sonnenlicht in der Linse, sodass zumindest wir als BetrachterInnen den Dornbusch anbrennen sehen. Ob es Fürst Schwarzenberg auch so sah? In ihrer seit 15 Jahren währenden Serie der „Paparazzi“ hinterfragen „G.R.A.M.“ heutige Bildproduktionen und Bildrezeptionen, entwerten sie in ihrem medialen Anspruch und setzen dabei ihr kritisches Potenzial frei.