Widersprüche sind für den Glauben kein Hindernis: Den Körper nicht nur als eine Summe von Zellen, vom Gehirn gesteuert, zu denken, sondern ihn als einen spirituellen Raum wahrzunehmen, springt als Faszination der Künstlerin Lena Knilli auf die Betrachtenden in dieser Arbeit über. Knilli spannt Wäsche und Kleidung über Kirchengrundrisse auf – als ein vieldeutiges Emblem zu einem Appell, den Körper auch als spirituellen Raum wahrzunehmen. Wäsche wird zur „Seelenwäsche“. Berührt wird damit auch seine fragile Würde, die mit der Intimität der Wäsche verbunden wird. Der Zugang dazu ist zunächst mit zwei Aufzeichnungssystemen von „Schnitten“ erschlossen: Der Grundriss der Architekten- und der Schnitt der Schneiderzunft. Ist ein derartiger Entwurf des Gewandes untragbar, ist er Korsett, bieten seine Einzelteile Halt und Stabilität? Lena Knilli beschäftigt sich mit „zeitlosen Zeichen“, mit dem menschlichen Körper und mit dem, „was ihm mitgegeben“ wird. Immer haben ihre Linien, die fast immer den Körper oder sein Gewand bezeichnen, eine fremdartige Anmut. In einer in der Ausstellung "Seelenwäsche" erstmals zu sehenden Serie werden barocke Kirchengrundrisse mit Unterwäsche, Badeanzügen oder Jacken verbunden. Zweimal ist es auch das weibliche Becken, das erste Tor des Lebens, durch das wir ins Leben treten. Becken wie Wäsche bieten Halt, geben das Mieder ab oder sind die schlichte Fortführung des Kleidungsschnitts. Doch die Verbindung beider Bereiche ist bekanntlich sehr fragil. Fragil sind auch die Materialität und die Umsetzung durch die Künstlerin. Fragil ist auch die Assoziation von Körper und Kirche, das Abdriften in Verletzung und Missbrauch. Die Beziehung von Kirche und Körper ist schillernd. Sie wird mystisch beschrieben und ist doch auch ganz real. Sie wird überhöht, reguliert, gebrochen und ist in konkreten Bauwerken allen anheim gegeben, auch denen, die nicht an diese Liaison glauben. In diesen Zwischenräumen, die auch pure Abgründe sind, entwickelt die Kunst ihr genuines schönes wie kritisches Potenzial. Die genannte Beziehung ist freilich nicht nur eine des Raumes, sie schreibt sich dort in den Körper ein, wo es verbindliche Rituale gibt, die eine Biografie, eine religiöse zumal, konstituieren.