Markus Wilfling befragt immer wieder die Strukturen unserer Wahrnehmung, seine Kunst versteht sich als bewusster Eingriff in die gewohnte Seh-Erfahrung. Irritationen korrigieren vorgefasste Sichtweisen, verkehren alltägliche Erfahrungen in ambivalente, werden zur Krise, wenn Schatten sich als feste Körper materialisieren, oder Erinnerung zur Skulptur gerinnt. Kunst kommt in mannigfaltigen Facetten zur Welt, sie hat den Weg von der auratisierten Künstlichkeit zum banalen Alltags-Objekt bereits hinter sich. Wilfling bleibt genau an dieser Stelle stehen und entführt doch subtil auf eine ganz andere Ebene: das alltägliche Objekt, das eine ganz konkrete Funktion zu erfüllen hat. Ein real gebautes, gekrümmtes Bett, das dieDynamik eines Traumes im Bild festhalten soll, wird in dieser Arbeit zu einer „Omega-Skulptur“, in dem das zum Träumen zusammengekauerte Ich ruhen kann: sein Erinnerungs-Schatten wird in der künstlerisch zur festen Substanz geronnenen Materialisierung optischer Wirklichkeit zum Ausgangspunkt einer Gegen-Welt im Kopf des Betrachters.
Widersprüche sind für den Glauben kein Hindernis – das gilt vor allem auch für die Bilder zwischen Inszenierung und Reduktion, zwischen Bilderverbot und Präsenz, zwischen Begreifen und Entschwinden. Diese Dialektik von Bildlosigkeit und Körperlichkeit wird niemals sonst so stark inszeniert wie beim katholischen Fronleichnamsfest. Religiöse Bilder scheitern und sind gleichzeitig für die religiöse Vorstellung notwendig: Der Grazer Künstler Markus Wilfling hat für eine Hörinstallation beim Symposium „Mein Bild – Meine Religion“ sechs „Fronleichnamshimmel“ installiert, unter denen Texte von LiteratInnen und KunstwissenschafterInnen aus Europa zu hören waren. Diese handelten von Bildern aus der Kunstgeschichte, denen diese zutrauen, dass sie eine bestimmte Idee von Religion verdeutlichen oder eine neue Idee von Religion markieren. Wilfling nahm die Idee des „Himmels“ auf, den ein tragbarer Baldachin bezeichnet, unter dem das Allerheiligste getragen wird. Die Kostbarkeit der Brokat-Stoffe mit ihren reichen Verzierungen in barocker Tradition nimmt Wilfling in das schwarz durchschimmernde Netz seiner Himmelsbedeckung zurück, die eher an erotische Wäsche gemahnt als an Gold.