Museum Raum 10

Shimon Lev: Geniza, 2000–2007

Was macht man aber mit einer „Heiligen Schrift“, wenn sie nicht mehr verwendet wird – wenn sie verstummt oder wenn das Medium verbraucht worden ist?

Das Judentum hat dafür einen eigenen Ritus, der sich „Geniza“ nennt. Texte, die das Tetragramm (JHWH) oder an - dere Bezeichnungen Gottes enthalten, dürfen im Judentum nicht einfach ent - sorgt werden. Nicht mehr lesbare Tora - rollen oder andere heilige Texte wurden dadurch in Speichern abgelegt. So haben wichtige Schrift - stücke der jüdischen Liturgie und der jüdischen Geschich - te überdauert. Unter anderem auch einer der ältesten Tex - te der Bibel wie etwa die Qumran-Rollen. „Geniza“ ist in dieser Arbeit aber auch eine Hommage an die Vorfahren des Künstlers, deren Lebensweitergabe im Holocaust für immer erlosch.

Geniza 1, Mixed Technique, (עצמאב רוחש םע םיקוספ קר), 2000 – 2007, Digital Prints, hot press natural, Epson Fine Art paper. KULTUMdepot Graz, aus / from: Shimon Lev: OBJECTS OF MEMORY (2014) | Shimon Lev

Shimon Lev

geboren 1962 in Tel Aviv, lebt und arbeitet ebenda. Der Künstler, Autor, Fotograf und Kurator, sowie Forscher für Indische Studien, Kunst und Literatur studierte Fotografie am Hadassah College in Jerusalem und Kulturwissenschaften an der Universität in Jerusalem. Derzeit arbeitet er an der Dissertation über kulturelle und politische Verbindungen zwischen dem jüdischen und indischen Kulturkreis. Seit den 1990ern entwickelt Lev mit „Objects of Memory“ eine spezielle Form von Erinnerungskultur, in der er sich aus heutigem Blick der Geschichte seiner jüdischen Familie in Berlin, Wien und den Chassidim annähert. Im KULTUM wurde Lev in der Einzelausstellung „Shimon Lev: OBJECTS OF MEMORY“ (2014), in der Ausstellung: „SAG DU ES DEINEM KINDE! Nationalsozialismus in der eigenen Familie“ (2015) mit Friedemann Derschmidt, „reliqte, reloaded: Zum Erbe christlicher Bildwelten heute” (2015/16) und „VULGATA. 77 Zugriffe auf die Bibel“ (2017) gezeigt.

born in Tel Aviv, Israel, in 1962; lives and works in Tel Aviv, Israel. The artist, writer, photographer, curator, and researcher for Indian studies, art, and literature studied Photography at the Hadassah College, Jerusalem, and Cultural Studies at the University of Jerusalem. He is currently working on a dissertation about cultural and political links between Jewish and Indian culture. Since the 1990s, Lev has developed “objects of memory“, a special type of commemoration culture which approaches the history of his own Jewish ancestors in Berlin and Vienna as well as the Chassidim in general. Lev’s works were shown in the KULTUM in the solo exhibition “Shimon Lev: OBJECTS OF MEMORY“ (2014) and in the joint exhibition with Friedemann Derschmidt (2015).

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Text: Johannes Rauchenberger, aus: VERTRAUT UND FREMD. VULGATA 77. Zeitgenössische Zugriffe auf die Bibel im Dommuseum Mains (Publikationen des Bischöflichen Dom-und Diözesanmuseums Mainz, Bd. 11), Mainz 2019, S. | p. 28.