Margret Kreidls Gedichtband „Mehr Frauen, als Antworten“ vermag zur Annahme verleiten, es gäbe keine Frage mehr. Doch die in diesem Band versammelten Gedichte widerlegen die Annahme, wenngleich sie (sprach-)zeichnen ohne zu fragen! (Mit wenigen Ausnahmen!) Als kompromisslose Sprachmusikantin packt Margret Kreidl die Wirklichkeit am Schopf und stellt sie auf: Da ist der Kopf und da ein Fuß! (Denn jedes Gedicht hat eine Fußnote. Als Beispiel eine mit Schuhgröße NULL: Es gibt keinen Ersatz für Gedichte.). Die Gedichte in diesem Band sind also von Kopf bis Fuß auf Erinnerungen, Träume, Bilder oder Schlagzeilen eingestellt. Ja, sie tönen, klingen nach Lied, Sinnspruch und Reim. Keine Frage: Kreidl schreibt (wie immer) kurz: Nase, Augen, Mund! Dennoch hat alles sein wirkliches Fenster. Zum Glück! (Das Gedicht dient, dient jedoch nicht zum Beglaubigen oder gar zum Kommentieren).
Lauter Kreidl-Gänger, Aufspieler und Liebhaberinnen, Offenkundler und Herzbläser. Man kann so manches mit ihnen machen: wieseln und stocken, scheren und klappern. Diese Kreidl Gedichte sind abermals mehr als gelungen.
„teilchenzoo", so nennt die deutsche Lyrikerin und Literaturvermittlerin Carolin Callies ihren dritten Gedichtband. Sie wurde nun von Margret Kreidl nach Graz eingeladen. Als frische Rotahorn-Preisträgerin ein beinahe zu glücklicher Herbstfall! „Carolin Callies‘ Gedichte sind der Beleg dafür, dass sich experimentelle Literatur und soghaftes Lesevergnügen gegenseitig nicht ausschließen“, begründet die Preisjury. „Sie sind verspielt und gebildet, von höchstem sprachlichem Niveau und amüsant zugleich – innovative Lyrik, die sich Trends verweigert. (…)“
Hallo? Hallo? Hallo? Und eine Seite später (es ist die letzte im Band) heißt es: hier ist kernnähe. hier sind wir.
Auf schöne Weise leicht und frohgemut gelingt Carolin Callies in diesem Band die kleinsten Teilchen der Welt, die unsichtbaren Bausteine des Lebens sprechen zu lassen. Es gelingt ihr das Allerkleinste beim Namen zu rufen. Der Pudel kostet den Kern. Aber alles bleibt beim Bären: dass alles eine mitte haben muss, einen bärenbauch! Wer fühlt sich hier nicht pudelwohl, bei all den „Sätzen, die man so noch nie gelesen hat“ (O-Ton Barbara Frischmuth, Jury Rotahorn-Literaturpreis).
Barbara Rauchenberger