Karl-Markus Gauß und Johannes Holzhausen im Gespräch mit Colette M. Schmidt

Mitschnitt der Diskussion vom 30. März 2025 im KULTUM
Karl-Markus Gauß ist ein weithin geschätzter und vielfach ausgezeichneter Salzburger Schriftsteller und Philosoph. Jahrzehntelang hat Gauß vor allem Europa bereist, aber nicht die bekannten Orte, sondern die Ränder des Kontinents: hin zu Völkern, die man kaum (mehr) kennt, die Sprachen sprechen, die kaum jemand (mehr) spricht.
Johannes Holzhausen begleitet den Schriftsteller – ihm wohlwollend und freundschaftlich verbunden – und seine Frau Maresi auf diesen Reisen durch ferne Räume und vergangene Zeiten. Nichts kann Gauß in seiner liebenswerten Neugier bremsen, nichts hält ihn davon ab, in seiner offenen und herzlichen Art auf die Menschen zuzugehen. Oft genug trifft er sie auf Friedhöfen. Der Beistand der Toten ist ihm wichtig, wie er sagt. Auf diese Weise erfährt er die faszinierenden und oftmals überraschenden Geschichten, die er in seinen Büchern verarbeitet. Er folgt den Spuren seiner Mutter im ehemals donauschwäbischen Raum, er spricht mit Schriftstellerinnen und Künstlern in Ungarn und Österreich. In Sarajevo oder Mostar ist die Erinnerung an den grausamen Balkankrieg immer noch lebendig. In Bramberg, im nahen Pinzgau berichtet man ihm – wie könnte es in Österreich anders sein – von lokalen Ereignissen aus der Nazizeit. Es sind diese Nachbeben historischer Ereignisse, die seine und unsere Gegenwart nach wie vor prägen.
In seinem Haus in Salzburg erzählt Gauß über seine Arbeitsweise, über seine Methoden des akribischen Notierens, Sammelns und Archivierens sowie auch ohne große Wehmut über jene Projekte, die er einmal begonnen hat, die „sich aber nicht mehr ausgehen werden“. So entsteht das feine Porträt eines großen Europäers und liebenswerten Menschenfreundes, der die Kunst des Zuhörens wie kaum ein anderer beherrscht. (Text: Andreas Ungerböck; Diagonale 25)