KUNST IM KRIEG. Eine Vorlesungsreihe im WS 2022/23
Kann Kunst im Krieg wirken? Wie gestaltet sich Kunst in Zeiten von Krieg und Gewalt? Von den Kunsterfahrungen des 20. Jahrhunderts her mag zuvorderst ihr widerständiges Potential erwähnt sein, das etwa in der friedensbildenden Künstlerin Yoko Ono bis heute pop-ikonisch vertreten wird. In harten Kontrast dazu treten Propagandawerke, die sich künstlerischer Fertigkeiten ermächtigen und sie so in die Kriegsführung einbinden. Von höchster Relevanz erscheinen hingegen die aufklärerisch-anklagenden Gegenbilder zur nationalsozialistischen Propaganda, die nach Theresienstadt deportierte Grafiker*innen unter Einsatz ihres Lebens überlieferten. Kunst kann geschätztes Zeugnis abgeben, als das auch das kraftvolle malerische Werk des österreichischen Künstlers Georg Eisler gilt, dessen Todestag sich im Jänner 2023 zum 25. Mal jährt. Kunstwerke können Artefakte identitätsbildender Glorifizierung von Krieg sein wie das Wiener Portrait Kara Mustafas, aber auch kritisch die Neueinschreibungen von Gewalt in marginalisierte Kulturen begleiten wie in afrikanischer Kunst und Popkultur. Erstaunliches zeigt sich, wenn nach der Genese der Haltung Francisco de Goyas zu Krieg und Gewalt gefragt wird oder danach, wie es zu erklären ist, dass Jerg Ratgeb, der erschütternde Bilder menschlicher Brutalität schuf, selbst in die Bauernkriege zog. Die Veranstaltungsreihe will Ambivalenzen zulassen und einen historisch und disziplinär breiten Ansatz bieten mit Vorträgen von Forscher*innen und Kuratorinnen aus Deutschland und Österreich. Der Film „The Earth is Blue as an Orange“ (2020) der ukrainischen Filmemacherin Iryna Tsilyk spricht zum Abschluss der Reihe als Exempel künstlerischer Eigenermächtigung angesichts alles zermalmender Kriegswirren für sich selbst.
René Corvaia-Koch