Der Lettner
Der Lettner (von lat. lectorium / Lesepult) entwickelte sich seit der Spätromanik als meist gemauerte oder kunstvoll in Stein gearbeitete Wand an der Raumgrenze zwischen Presbyterium und Kirchenschiff. Er lässt sich als eine Weiterentwicklung der frühchristlichen Altar- oder Chorschranken begreifen und trennt den Bereich der Kleriker von dem der Laien (in Klosterkirchen auch den Bereich der Priestermönche von dem der Laienmönche /Konversen). Oft befand sich am Lettner ein Kreuzaltar und der figürliche Schmuck bezog sich auf die Passion Christi. Der Lettner diente zur Verlesung liturgischer Texte, für die Predigt, für mittelalterliche Mysterienspiele oder als Sängerkanzel. Nachdem man sich im Gefolge des Trienter Konzil (1545-1563) im Kirchenraum für den freien Blick auf den Hochaltar bemühte, wurden die Lettner in den katholischen Kirchen weitgehend abgebrochen.
Da in der protestantischen Tradition das Presbyterium der römisch-katholischen Tradition keine Funktion mehr hatte, wurden sowohl der Chorraum (Begräbnisstätte, …) als auch der Lettner (Kanzel, Musikertribüne, …) mit variierenden neuen Funktionen versehen oder blieben funktionslos. Gut erhaltene mittelalterliche Lettner befinden sich u.a. in der evangelischen Tübinger Stiftskirche und im Naumburger Dom. In Österreich hat sich kein Lettner erhalten, das Kreuzigungsbild von Conrad Laib in der Friedrichskapelle des Grazer Domes dürfte vom ehemaligen Lettneraltar stammen.