Gottes Erscheinung hat seine Bilder zur Folge, Gottes Anspruch das Wort oder den Text – oder bloß den Atem, den Hauch? Oder das Antlitz? Wenn man sich den Entäußerungen Gottes in der jüdisch-christlichen Offenbarungserzählung näher aussetzt, wird die Dichotomie von Wort und Bild komplexer als sie auf den ersten Blick mit dem „Hörer des Wortes“ oder auch dem „Bilderverbot“ aufgemacht erscheint. Das Seminar will anhand exemplarischer Bilder aus der christlichen Kunstgeschichte erschließen, wie tief sich das Christentum auch im Bildlichen gründet, selbst dort, wo es auf Schriftlichem oder Zeichenhaftem basiert. Das Wort „G_tt“, der Schriftzug „IHS“, das Auge, das Dreieck, Anker und Kreuz etc. sind derartige Codes. Tiere wie Lamm, Fisch und Pelikan sind gleichzeitig auch Bedeutungssymbole. Die menschlichen Körperbilder hingegen, das Gesicht und der Blick, thematisieren die Schönheit und die Verletzung, die Unversehrtheit und die Verwundung, die Verklärung, den Schmerz und die Schau. Und schließlich geht es noch um die Sichtbarkeit des Unsichtbaren: um den Geist und um den Atem, um die Erscheinung und die Form, um den Horror vacui und das ewige Licht.
Die Vorlesung gibt einen kursorischen Überblick über die verschiedenen Orte des Bildes im Kirchenraum: Altar, Ambo, Kanzel, Glasfenster, Kirchenwände etc... Unter welchen Bedingungen wurden diese zu Bildorten? Wie wurden die Bilder im Kirchenraum begründet, und wohin haben sich die Debatten entwickelt? Zwischen dem Kult, der Kultkonkurrenz und der Narrativität der Erzählbilder schreibt sich das christliche Bild im Sakralraum ein. Im zweiten Teil geht es um typenbildende Räume aus unterschiedlichen Epochen.