Mit einem Bein steht dieser Dichter in Argentinien, mit dem anderen erreicht er den Abend. Was Fedor Pellmann, der unter Supermarktjunkies, späten Fischreihern und Ausfahrern in Buenos Aires abwartende Dichter aus München, in seinem Gedichtband „Nur noch den Abend erreichen“ (Jung und Jung, 2024) anbietet, das hat all das, was an sich selten und vergänglich ist: nämlich Gewicht. Fedor Pellmanns poetische Humanität entspringt seiner Aufmerksamkeit für das Werk der Augen: Es sind Momenteindrücke aus einer Welt ohne Wahl, deren Hinfälligkeit man nur ermessen kann, wenn man klar und umstandslos ans Leben denkt, während die Welt, wie er schreibt, freundlich weiter geht.
Heinz Peter Geißlers Gedichtband „schwarz das Fell die Schuppen die Haut“ (Engeler Verlag, 2024) gewichtet ebenso mit sanftem Maß: Erinnern Sie sich an den letzten Bienenschwarm? Wie kann es weitergehen, wenn nichts mehr geht? Wie kann alles anders werden? Wie bringt man die Welt zum Schweigen? Was soll man sagen, wenn sich die Luft verändert hat? Und: Soll man hören, was nicht gesagt werden kann? Halbstill ist auch das existentielle Prosastadium, das dem in München und in der Schweiz lebenden Dichter eigen ist und der Besinnung näher ist als dem Kalkül: „wir besinnen uns auf das, was auf uns zukommt“.
Fedor Pellmann,
geboren 1967, studierte Germanistik, Geschichte und Hispanistik in Augsburg. Er arbeitet als Lehrer an Sekundarschulen, zurzeit in Fürstenfeldbruck, davor u.a. acht Jahre in Argentinien. 2021 promovierte er mit einer interdisziplinären Arbeit über Tango. Einzelne Gedichte sind an verschiedenen Orten erschienen, zuletzt in Sinn und Form (Heft 5/2023). Eine erste Sammlung seiner Gedichte erschien 2022 unter dem Titel „Außengrenzen“. Fedor Pellmann wohnt in München.
Heinz Peter Geißler,
geboren 1962 in Fischen/Allgäu, Studium der Philosophie in München, freie Redaktions- und Lektoratstätigkeit für verschiedene Verlage. Zwischen 2000 und 2006 erschienen vier Kinderbücher im Hanser Verlag; im Engeler Verlag die Bände „Ich geh mir einen Vogel fangen u. a.“ (2021), „grüne Tiefe“ (2022) und „schwarz das Fell die Schuppen die Haut“ (2024) und im Klingental Verlag „Schachteln“ (2024). 1997 erhielt er ein Literaturstipendium der Stadt München, 2022 den Schwäbischer Literaturpreis und 2024 ein Stipendium des Deutschen Literaturfonds. Er lebt in München und Cormoret/Schweiz.