Zenita Komad: NIE WIEDER KRIEG!
NIE WIEDER KRIEG! ist ab Ostern in einer Baumstamminstallation im Hof vor dem Minoritensaal zu lesen – DER KRIEG IST AUS! liegt in derselben Weise seit dem Winter im Museumshof in Kärnten.
Der messianische Frieden, wie ihn der Prophet Jesaja in der Bibel formuliert hat, findet in Bildwerken einer „Friedensuhr“ und eines „Diamanten“ ebenso seine poetische Bildkraft, wie eine Ahnengalerie aus Frauen und Männern der Weltgeschichte von Bertha von Suttner bis Gandhi mit jeweils starken Zitaten, die Komad mit den Besuchenden wörtlich in einem „Friedensbüro“ vernetzt. Auf dem Tisch, dessen Beine aus Büchern mit Friedensliteratur bestehen, liegen Bleistifte und Notizzettel als Aufforderung für die Besuchenden. Die alles verbindenden roten Seile im Franziskussaal enden an zwei Händen an den beiden Frontseiten, die der Haltung des bekannten Schöpfungsfreskos Michelangelos in der Sistina nachempfunden sind.
Zenita Komad, Detail aus: Friedensbüro, 2024, 20 Portraits, Seile, Gipsabdrücke, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator: Johannes Rauchenberger
Foto: Ferdinand Neumüller
Zenita Komad plädiert in praller Symbolik und Textur für eine „Dialektik des Guten“. Im Raum davor, dem ersten Raum der Ausstellung, ist ein „Friedensbaum“ gesetzt, mit den typischen Elementen des in der Ausstellung immer wieder kehrenden Bleistifts, den roten Seilen und der Lebensblume an der Decke.
Mehrere Haufen aus Steinen verbinden die einzelnen Installationselemente, die im Kontext der Ausstellung sowohl an Zerstörung als auch – im jüdischen Kontext – an Erinnerung gemahnen. Ihre Auflösung finden Sie freilich im letzten Objektbild im Südflügel: „Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein“.
Im Westflügel ist nach einem überdimensionalen „Dankesbrief“ an Gott der künstlerische Gastbeitrag des deutschen Künstlers Thomas Palme, eines genialen Zeichners, positioniert. Er zeichnet Paul Celan und Jean Amery, zwei große (jüdische) Sprachkünstler des 20. Jahrhunderts, die sich – als Überlebende der Shoah – aus Verzweiflung das Leben nahmen. Auf Jiddisch ist „GOT HOT FARBAHALTN SAJN PONEM“ auf die Wand geschrieben. Das heißt übersetzt: „und gott hat verborgen sein gesicht“.
„DIE WAFFEN NIEDER!“ – „DER KRIEG IST AUS!“ – „NIE WIEDER KRIEG!“
Zu Zenita Komads Kunst in prekärer Weltlage
Johannes Rauchenberger
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Kurator Johannes Rauchenberger führt mit einem kuratorischen Essay durch die Ausstellung (Gesamtlänge: 53')
Was eigentlich ist „moderne Kunst“? Im Prozess europäischer Geistes- und Kunstgeschichte wird üblicherweise darunter die auch an der Kunst zu beobachtende Autonomisierung der Lebensbereiche verstanden. Das meint im engeren Sinne: Kunst ist Kunst um ihrer selbst und nicht um jemand anderes willen Kunst. Sie ist nicht abhängig von irgendwelchen Erzählungen, Systemen, Religionen, Ideologien, sondern hat ihre ureigenen Mittel der Form, des Lichts, der Farbe usw. Ihre so – seit etwa 1800 – angesetzte Geschichte von Autonomie kulminiert kurz nach der nächsten Jahrhundertwende in der Entstehung der „modernen Kunst“. Doch Kunst ist nicht einfach Kunst, gemacht für Schöngeister oder für Sammler. Kunst ist Teil der jeweiligen Geschichte, im besten Sinne ihre Reflexion sui generis. Nur kurze Zeit, bevor diese hier angerissene „Moderne“ überhaupt sich erst entfaltete – nämlich 1889 –, schrieb eine damalige Gräfin, deren Abbild hundert Jahre später auf dem Tausend-Schilling-Schein für die späten Kinder des Wirtschaftswunders der 1970er und 1980er Jahre der Inbegriff von Reichtum war, Bertha von Suttner, einen für damalige Verhältnisse ungeheuer erfolgreichen Bestseller mit dem Titel: „Die Waffen nieder!“ Er wurde in 15 Sprachen übersetzt.
Er nützte bekanntlich nichts. Die Hände Bertha von Suttners greifen im „Friedensbüro“ von Zenita Komads Grazer Ausstellung im KULTUM flehentlich in 3D aus ihrem Abbild und halten dabei zwei Puzzleteile, deren Symbolik jedenfalls das Ineinanderfügen wäre: Die Welt stürzte 25 Jahre später in ein Inferno.
Zenita Komad, Nie wieder Krieg!, 2023, 150 x 110 x 45 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Millionen und Abermillionen verloren ihr junges Leben, wurden hingemetzelt, vergiftet und entstellt. Die Menschen zu Hause hungerten. Staaten, Imperien, Jahrhunderte alte Systeme brachen wie Kartenhäuser zusammen. Kriegsversehrte kehrten heim, wurden als nutzlos angesehen und mit ihren Verletzungen von den Nachkommenden verlacht. „Die letzten Tage der Menschheit“ (Karl Kraus) waren angebrochen, der „Untergang des Abendlands“ (Oswald Spengler) war real. Die Apokalypse war da.
Und die nächste, die am Ende noch größer war, keimte bereits, um bedrohlich anzuwachsen und schließlich zu explodieren. Sie riss dabei weitere Abermillionen in den Tod.
Moderne Kunst war da längst „entartet“. Die Verbrennungsöfen in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten hatten Tausende Leichen pro Stunde zu verbrennen. „Der Tod ist ein Meister aus Deutschland“, wird Paul Celan, der Sprache beraubt, in der „Todesfuge“ formulieren. Sechs Millionen Juden – Frauen, Männer, junge und alte, Kinder, große und kleine –, waren vergast oder erschossen worden. Dazu kamen Roma und Sinti und andere Opfer, über deren Vernichtung man noch Jahrzehnte später schwieg. Schließlich viele der mutigen Frauen und Männer aus dem Widerstand (von denen viele Waffen hatten): Getötet. Ganze Landstriche wurden im Krieg vernichtet, Städte ausgelöscht:
Die mit dem Leben davon gekommen waren, fanden sich in diesem vielfach nicht mehr zurecht, gerade unter Jüdinnen und Juden: Paul Celan und Jean Amery stehen für zwei große Sprach-Dichter, die sich das Leben als Folge des Krieges das Leben nahmen: Die beiden zeichnet der grandiose Zeichner Thomas Palme, den Zenita Komad für ihre Ausstellung um einen künstlerischen Gastbeitrag gebeten hat, auf die Museumswand, gemeinsam mit einem Gedicht seiner Lieblingsdichterin Rajzel Zychlinsky – auf jiddisch: „GOT HOT FARBAHALTN SAJN PONEM“. Das heißt übersetzt: „und gott hat verborgen sein gesicht“. Ob man nach Auschwitz noch ein Gedicht schreiben, eine Kunst machen kann? An Gott glauben kann? Die Intervention Palmes lässt diese Fragen nicht außen vor, im Gegenteil, sie hebt sie dorthin, wo man sie verfremdet nachbuchstabieren kann.
Das Leben ging bekanntlich weiter, auch die Kunst. Die meisten freilich stießen zunächst nach sechs Jahren Hölle freilich nur die Botschaft aus:
DER KRIEG IST AUS! war die erlösende Botschaft nach sechs Jahren Hölle. Und: NIE WIEDER KRIEG! wurde zu einem gemeinsamen Schwur. Auch dieser Satz, der sich ins kollektive Gedächtnis der Nachkriegsgeneration eingesetzt hat, kommt bereits bei Bertha von Suttner Dutzende Male vor.
Zenita Komad wählt für ihre beiden großen Ausstellungen in Klagenfurt und Graz ausgerechnet diese beiden Sätze nach der Apokalypse aus der Mitte des 20. Jahrhunderts. Es ist aber keine Ausstellung über den Zweiten Weltkrieg, die wir hier vorfinden. Es ist eine Ausstellung über Gegenwartskunst, exakter: über die Gegenwart. Und sie entspricht nicht dem, was man unter der eingangs erwähnten „modernen Kunst“ versteht, genau genommen ist sie beinah das Gegenteil. Komads eindringliche, ja flehentlich zu nennende Ausstellungstitel haben auch nichts mehr zu tun mit jener „Stunde Null“, mit der Künstlerinnen und Künstler nach 1945 begonnen haben, einen Neuanfang zu setzen, ohne große Erzählung, denn diese waren zerborsten, waren unglaubwürdig geworden oder hatten versagt. „Zero“ war nicht nur eine Markierung für die Geschichte – nachdem die Erzählung eines tausendjährigen Reiches nicht nur zerbrochen war, sondern so viele Millionen Menschen in den Orkus gezogen hatte –, sondern auch ein Programm für eine bekannte Künstlergruppe. Die hier gesetzten Ausstellungstitel haben auch nichts zu tun mit der großen Skepsis, die Künstlerinnen und Künstler mit einer inhaltsbezogenen Kunst entwickelt haben, auch wenn diese zu den erfolgreichsten im Kunstmarkt zählen. Und die aktuellen Entwicklungen der Weltgeschichte, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die täglich zermürbenden Raketen und Drohnen, die unbeschreiblichen Gräuel der Hamas gegen ahnungslose Zivilisten in Israel, die Vergeltung Israels in Gaza, geben Zenita Komad recht: Wer jetzt nicht Position bezieht, befindet sich auf der falschen Seite der Geschichte.
Position beziehen
Doch was heißt „Position beziehen“? Zenita Komads Kunst ist, wiewohl die Künstlerin lange das Etikett „jung“ in Anspruch nehmen konnte – sie zählte in den späten nuller Jahren des dritten Jahrtausends vom Phaidon Press zu den „300 Artists Younger Than Jesus“ –, dennoch älter als der aktuelle Krieg in der Ukraine oder in Gaza. Nur wird ihre Position jetzt in einer Weise aktuell, wie man es nie hätte glauben wollen. Schon vor einem Jahrzehnt klagte Zenita Komad – neben vielen anderen – über einen weltweit aufbrechenden Antisemitismus. Nur glaubte ihr (und den anderen) damals niemand. Sie begann in ihrem „Zenita Universe“ Menschen guten Willens, auch wenn sie unterschiedlicher Meinung waren, miteinander und untereinander zu vernetzen. Das mutete mitunter etwas seltsam an, vielleicht sogar penetrant – in einem sozialen Umfeld, das das individuelle Ich als höchsten Wert gesetzt hatte. Doch aus heutiger Perspektive scheinen ihre damaligen künstlerischen Praktiken nur Vorarbeit zu sein.
Schon damals begann Zenita Komad zu „predigen“ – manches hört(e) sich an wie die Sätze eine Heilsbotschafterin, die die Conditio humana schlicht ignoriert: Homo enim hominis lupus est. Von der Zerstörung dieses Planeten ganz zu schweigen. Wären nicht schon damals die frappierenden Kontraste gewesen, die sie in ihren Bild-Text-Kombinationen einsetzte. Sie gehen für alle, die sich auf sie einlassen wollen, ans Gemüt. Sie gehen ins Herz. Einige davon sind auch in den beiden großen Ausstellungen in Klagenfurt und in Graz zu sehen. Sie setz(t)en Erkenntnisse frei, wie sie von Fundamentalist*innen jedenfalls niemals zugelassen worden wären.
So wurde aus Zenita Komad sehr früh eine Marke und die Künstlerin tat auch alles dafür, diese zu pushen: Aus „Zenita City“ wurde „Zenita Universe“; dieses sollte eine neue Welt entstehen lassen, die einer Ethik des Altruismus frönen sollte, nicht einer des Egos, der Selbstbezogenheit, der Ausbeutung oder der Gewalt. Das Konzept kann man auch als genial bezeichnen: Ausgerechnet durch die Zentrierung auf das fingierte Künstlerinnen-Ich sollte Altruismus entstehen? Ihr SEQUERE ME trifft also irgendwann auf den Betrachter, die Betrachterin, vielleicht sogar jene, die ihre Kunst sammeln.
Dasselbe gilt für uns als Kuratoren, als Kuratorinnen. Ist man Teil davon? Wie soll man partizipieren? Sich abgrenzen? Kann man ihm, einmal eingetreten, jemals entkommen?
Google-Maps-, Luft- und Himmelsperspektive
Derartige Fragen treten nun erneut in den Hintergrund. Die Welt brennt. Also zurück zu den Ausstellungstiteln: DIE WAFFEN NIEDER! DER KRIEG IST AUS! NIE WIEDER KRIEG! Drei Mal ist der Schriftzug zu sehen – ohne Verzerrung nur lesbar aus der Google-Maps-Perspektive (die menschheitsgeschichtlich, auch wenn sie jetzt so selbstverständlich klingt, noch nicht so alt ist; die Älteren, die mit Flugzeugen groß geworden waren, nannten das früher einfach „Luftperspektive“, die noch Älteren – und vielleicht noch mythisch Begabten – einfach „Himmelsperspektive“). Es ist zu hoffen, dass während der Ausstellungszeit ein fotografierender Helikopter über die drei Flächen eines gerodeten Waldrands im Burgenland, eines Klosterhofs in Graz und einer alten Burg und jetzigen Museumshofs in Klagenfurt fliegt und die Bilder auf Google und iOS aktualisiert: In der Nähe durchaus brutal anmutende, frisch gefällte Holzstämme bilden hier die Lettern für die drei berühmten Sätze mit so schwerer Geschichtsassoziation und beklemmender Aktualität für das Jahr 2024, das auch weltgeschichtlich nicht gerade mit Hoffnung erwartet wird.
Zenita Komad freilich würde die Perspektivenfrage deutlich entspannter sehen: Für sie ist diese auch ein Appell an den „Schöpfer“. Ihm, dem „lieben Gott“, schreibt sie Briefe – einen hatte sie bereits in der ersten Einzelausstellung, die ich mit ihr 2012 machte, ausgestellt. Das ist angesichts der Weltlage eine paradoxe Intervention, Ausdruck von Verzweiflung oder – ein Akt puren Glaubens: Warum also nicht derartige schwere Appelle für ihn aus der jüngsten Geschichte dieser Erde? Damals, 2012, hieß selbst ihre Schau „I Love God“. Zwölf Jahre später bläst Komad im Südkorridor einen solchen Brief, der aus der 3D-gedruckten Schreibmaschine am Ende der Wand kommt, (an welcher elf Jahre zuvor ein überdimensionales Gotteshemd („Gott in Jeans-Jacke“)[1] zu sehen war, dessen Inneres den Schriftzug GOTT IST NICHT DAS NICHTS freigab), auf die ganze Ganglänge auf. Das schlichte Wort „DANKE“ ist auf diesem aufgenäht. Mehrsprachig, in vielen der Sprachen auf Gottes Welt. Alle schreiben hier DANKE! „Briefe an Gott“, ja, findet man in der Gegenwartskunst üblicherweise nicht. Doch Zenita Komad bedeckt damit einen ganzen Ausstellungsflügel.
Zenita Komad, Thank You, 2023, Installation, 200 x 150 x 45 cm + 20 Meter Tiefe, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Wofür aber „Danke“, wo doch gerade so viel Unheil ist, das konkrete Menschen verbrechen? Auch da, vorweg, ein klares Bekenntnis, das nicht gerade klein zu Beginn – zwischen den Ausstellungsflügeln – als ein weiteres Objektbild diese Ausstellung eröffnet – oder schließt: „GOTT MÖGE IHNEN VERZEIHEN, WEIL ICH KANN ES NOCH NICHT.“
Zenita Komad, Gott möge ihnen verzeihen bitte, weil ich kann es noch nicht II, 2023, Objektbild mit Bewegungsmelder, Licht, Elektrik, 150 x 110 cm, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator: Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Das formal verbindende Element in dieser Schau ist eine Anzahl kleiner Haufen an Steinen. Im Kontext des Ausstellungstitels erinnern Steine freilich an Zerstörung, sprichwörtlich an Schutt und Asche. Aber Steine haben im jüdischen Kontext von Friedhöfen auch die Symbolik von Erinnerung. Man legt einen Stein auf das Grab, um jemanden vor dem Vergessen zu bewahren. Die entscheidende inhaltliche Auflösung dieser Steine wird sich am Ende des Gangs im östlichen Südflügel finden.
Eine neue Generation auf der Suche nach einer neuen Spiritualität
Zenita Komads Kunst hat, wie kaum eine andere, eine unverbrüchliche „Botschaft“. Das macht die – nach Jahren des Lebensmittelpunkts in Israel – seit 2019 in Südkärnten lebende Künstlerin aus und auch unverwechselbar. Vergessen sind dabei die Maximen der Moderne, die Autonomieansprüche gegen einen alten Vormund. Vergessen auch die Negative Dialektik, die zu bearbeiten die Kunst der Gegenwart so lange als Anspruch formulierte. (Wenngleich eine Zeichnung in den Ausstellungszellen am Ende der Schau schon auch Adornos Satz zitiert: „Es gibt kein richtiges Leben im Falschen“[2]). Umgeschmiedet das Schwert beißender Kritik in die Friedenspfeife. Sich an etwas abzuarbeiten – das hat die Künstlerin nicht nötig. Ironie ist ihr fremd. Es würde zudem ihre Sendung stören. Dafür ist die Zeit des Erdendaseins schlicht zu kurz. „Sie verkörpert mit heiligem Ernst das, was Anfang des 21. Jahrhunderts die erste erwachsene ‚global generation’ durch die Weltgeschichte treibt, die Suche nach einer neuen Spiritualität“, schrieb Almuth Spiegler (Die Presse, Wien) schon vor zehn Jahren über einen damaligen Shooting-Star in der jungen Kunst in Österreich. Komad setzt dazu ihre famosen Zeichnungen, Collagen, Objektbilder und raumgreifenden Bilder und Räume vernetzenden Installationen ein, auch zeitgenössische Musik. Sie vernetzt dabei Menschen, auch ihre unmittelbaren Nachbarn vor Ort. Wenn man den südkärntnerischen Ort Rückersdorf heute mit dem Auto durchquert, wird man vor einem Heustadl am Straßenrand (deutlich in die Wiese gerückt) eines ungewöhnlichen Ortsschildes gewahr, auf dem die Ortsbezeichnung „Liebe deinen Nächsten!“ steht; derselbe Schriftzug ist im Land des früheren Ortstafelstreits auch zweisprachig ausgeführt: „Ljubi svojega bližnjega!“ Dieses Schild steht während der Zeit der beiden Ausstellungen auch im Kreuzgang des Grazer Minoritenklosters und im Gebäude des MMKK.
Zenita Komad, Liebe Deinen Nächsten!, 2023, Straßenschild, KULTUMUSEUM Graz, aus: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! Installationsansicht bis 3.2.2024, Foto: Johannes Rauchenberger
Als Großflächenplakat wurde es bereits zwei Monate vor Ausstellungsbeginn in Graz affichiert – und auch verunstaltet: Anfang 2024 wurde der Schriftzug „Liebe deinen Nächsten!“ händisch mit „Liebe dich selbst!“ übersprayt.
Unmittelbar reagierte die Künstlerin darauf auf ihrer Facebook-Seite:
„Das Graffiti sehe ich als eine Art metaphorischen Widerstand gegen die Idee der Liebe anderen gegenüber. Dennoch erkenne ich in dieser Herausforderung eine Gelegenheit, den Gedanken zu vertiefen und zu überlegen, dass die Liebe zu sich selbst und die Liebe zu anderen nicht im Widerspruch stehen, sondern einander bedingen. […] Wir haben Tempel der Selbstliebe gebaut und dabei wird der jeweils andere oft ausgeklammert, beschuldigt oder zensuriert. Eine konkurrierende Welt der Selbstliebe ist ein Kriegszustand. Der Weg zu ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘ ist daher ein Weg, der eine notwendige erste Stufe hat, die definiert ist als ‚Tu anderen nicht, was du nicht willst, dass man dir tut.‘ Mit anderen Worten: ‚Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘ ist nicht nur ein Slogan, sondern ein Zustand absolut positiver Verbindung über dem Ego, über dem Streit, über der Fehlbarkeit und erinnert daran, uns über allem für die positive Verbindung entscheiden. Die Wichtigkeit, einen Weg der Liebe zu suchen, geht von einer gemeinsamen Basis der Menschlichkeit aus. Dieser Weg fördert die Idee, dass wir alle Teile derselben globalen Gemeinschaft sind und dass Liebe und Verständnis die Grundlage für eine positive, kooperative Zukunft bilden in der Koexistenz möglich ist. Wenn wir im egoistischen Drang nach Selbstliebe verbleiben und keine Übereinstimmung zwischen uns anstreben, beeinträchtigt dies die Fähigkeit aller, einen gemeinsamen Zustand der Liebe zu erreichen?“[3]
Als die Künstlerin jenes Plakat Wochen davor zum Titelbild ihrer Facebook-Seite machte, wurde sie gleich einmal mit einem Hassposting konfrontiert: „Katholikenkolik“. Dabei ist Zenita Komad keine Katholikin. Sie äußert sogar öffentlich, keiner Religion anzugehören. Dafür führt sie auch biografische Verletzungen aus ihrer Kindheit an. [4] Gleichzeitig bekennt Komad öffentlich, wie sehr sie sich schon als Kind für das Göttliche interessiert hat. Sie ist in einem geistig weiten, toleranten und künstlerischen Umfeld aufgewachsen. Über das spirituelle Heranwachsen (mit ihrer Mutter, einer Opernsängerin) sagt sie rückblickend in der Radiosendung „LOGOS: Was glauben Sie?“ mit Johannes Kaup, die einen Monat vor diesen beiden Ausstellungen im ORF-Radio Ö1 ausgestrahlt wurde: „Wir haben das Mahabharata studiert, haben den Buddhismus studiert, haben die Bibel gelesen, haben das Judentum studiert. Wir haben uns mit Sufismus beschäftigt, alles erarbeitet, und irgendwo gab es dann diesen gemeinsamen Nenner und ich habe immer das Gefühl gehabt, dort irgendwo bewegt sich, dort irgendwo muss sich diese Spiritualität, nach der ich suche, bewegen.“[5]
Die Religionen nimmt Zenita Komad – dort, wo sie eine Ethik des Friedens und eines gedeihlichen Zusammenlebens propagieren – für ihre Kunst in Anspruch. Ja, sie tut es sogar so sehr, dass die Vertreter der alten Religion selbst mitunter die Augenbrauen hochziehen. Allen aber, die mit ihr in die gleiche Richtung schauen, gibt sie die Macht, ihre Kinder zu werden – und sich für „Zenita Universe“ zu entscheiden. Gegen dieses kann doch eigentlich niemand etwas haben, denn es will ja nur ein gedeihliches Zusammenleben aller, eine Entwicklung der Menschheit hin zu einem höheren Zustand des Bewusstseins, des Geistes, der Liebe.
In der in diesem Buch dokumentierten großen Doppelausstellung Zenita Komads im MMKK (Museum Moderner Kunst Kärnten) und im KULTUM Graz steht ihre Botschaft einer neuen Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen und weltanschaulicher Überzeugungen sowie einer interkonfessionellen und -religiösen Spiritualität. „Art is a Doctor“, ist die Künstlerin überzeugt. Und für alle, die das nicht glauben können, wird es auch im öffentlichen Raum plakatiert. „Art is a Doctor!“ Kunst ist für Komad jenes Feld jenseits von religiösen Institutionen, das es möglich macht, ein spirituelles Sehnen zu (er)leben, das viele Menschen verspüren, die in ebenjenen keine Heimat (mehr) haben: „Es gibt kaum noch eine Möglichkeit, jenseits der Institutionen einen spirituellen Diskurs zu führen. Und ich denke, dass die Kunst da eine Hebammen-Funktion hat momentan. Das ist ein Segen, weil die Kunst einen Freiraum bildet, einen Raum, der autonom ist, der sich zwischen den Welten bewegt und der ein Feld erschafft.“[6]
Die einzelnen Ausstellungsteile im KULTUMUSEUM Graz
Wer die Ausstellung im KULTUM betritt, wird im ersten Ausstellungsraum mit einer Installation empfangen, in deren Mitte ein überdimensionaler Bleistift steht. Aus ihm „strömen“ Fäden in die Höhe, die an der Decke in den Knotenpunkten einer auf die Wand gezeichneten Lebensblume verschwinden.
Zenita Komad, Friedensbaum, 2023, Objekt Bleistift 130 x 20 cm, in Installation mit Schnüren
Größe variabel, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator: Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Für Zenita Komad ist diese Installation der „Friedensbaum“. Elemente davon werden sich in der Ausstellung immer wieder finden: die Seile, der Bleistift, die Metapher. Man braucht nur die Räume weiterzugehen. Der Baum als Metapher wird sich zwei Räume weiter in einer „Friedensuhr“ erschließen. Doch davon später. Die Seile erinnern auch an ihre erste Schau vor zwölf Jahren, wo die Künstlerin mit 1000 Metern rotem Seil beinah das ganze Klosterareal verspannte: Ein Modell dafür findet sich in der kleinen Zelle im Westtrakt.
Friedensbüro und Friedensgalerie
Das ehemalige (Winter-)Refektorium dieses über 330 Jahre alten Klostertrakts der Minoriten erhält nun in der Ausstellung eine „Ahnengalerie“, so wie es die alten Klöster oft mit ihren Äbten haben, um Kontinuität zu dokumentieren. Zenita Komads gezeigte Kontinuität ist jene, dass sich zu jeder Zeit Menschen gefunden haben, die sich für den Frieden engagierten und an das Wunder des Friedens glaubten. Es wird sie auch jetzt geben. Und die Botschaft ist nicht zu überhören: Wir sind jene, die sich an diesem Vernetzungswerk beteiligen. Eine Äbtegalerie kennen die Minderbrüder freilich nicht, stammen sie doch vom heiligen Franziskus ab, der eine andere Auffassung von Leitung hatte als der heilige Benedikt. Bilder zur Kontinuität der eigenen Erzählung kamen aber dann doch auch in ihre Refektorien – nur einige Schritte weiter, im „Sommerrefektorium“ (Minoritensaal), sind das dann jene Minoritenbrüder, die irgendwie an Wunder glaubten, über Sälen schwebten oder verdammt oft Visionen hatten: Damit schließt sich auch hier die Brücke zu Komads „Friedensgalerie“. Die Frauen und Männer, die Komad in den Ausstellungsraum hängt und die je einzeln von ihr „dekonstruiert“ werden, in Form von Lebensblumen und Bleistiften, werden miteinander mit roten Seilen verknüpft, die meisten Seile laufen an den beiden Schmalseiten des Raums in (ihren) Händen zusammen.
Zenita Komad: Installationsansicht "Friedensbüro", 2024,
Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Foto: Johannes Rauchenberger
Das ist eine – gemessen am Rest der Rauminstallation – sehr subtile skulpturale Akzentuierung, die aus der Wand hervorzugehen scheint. Die Form ist den Fingern aus Michelangelos ikonisch gewordenem Schöpfungsbild der Sixtinischen Kapelle entnommen.
Zenita Komad, Detail aus: Friedensbüro 2024, 20 Portraits, Seile, Gipsabdrücke, Bücher, Holz, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024,
Foto: Johannes Rauchenberger
Das heißt – nach Zenita Komad: Deren Ansätze verknüpfen sich mit dem Göttlichen, nur so können sie verstanden und vollendet werden. All diese Frauen und Männer hatten eben auch ihre Visionen, manche von ihnen leb(t)en diese unter dem Einsatz ihres Lebens: Mahatma Gandhi etwa, oder Martin Luther King. Es sind auf ihre Weise Menschen mit starken Egos – umso deutlicher gilt dabei der Yoko Ono (*1933) beigegebene Satz: „We are one! Only egos, beliefs and fears separate us!“
Zenita Komad, We are one! Only egos, beliefs, and fears seperate us, 2023, 150 x 110 x 15 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Gleichzeitig haben viele dieser hier abgebildeten Personen auch ihre Schattenseiten – Gandhi etwa mit einem massiv nationalistischen Ressentiment gegen Pakistan (obwohl er selbst pakistanische Wurzeln hatte), Maria Montessori durch ihre Nähe zu Benito Mussolini, mit dem sie ihr schon damals so bekanntes Erziehungskonzept leichter durchzusetzen glaubte, vor dem sie dann aber auch wieder floh, Julian Assange in einem getriebenen Feldzug gegen die Obama-Administration (mit Hillary Clinton als damaliger Außenministerin); seine Leaks kurz vor der Wahl im Oktober 2016 haben wohl wesentlich geholfen, Donald Trump ins Weiße Haus zu bringen, begnadigt hat ihn dieser aber dennoch nicht. Das Janus-Gesichtige dieser Menschen ist Komad bewusst, dennoch möchte sie in einer derzeitig im öffentlichen Diskurs vorherrschenden Cancel-Culture diese nicht „wegzensurieren“. „Wegzensurieren ist für mich eine Praxis des Krieges. Juden hat man im Nationalsozialismus, aber auch schon vorher in ganz zentralen Wendepunkten europäischer Geschichte einfach ‚wegzensuriert‘. Ich möchte mich an diesem Prozess des Wegzensurierens nicht beteiligen. Ich möchte diese Biografien in ihrer hellen Seite für das Engagement für den Frieden vernetzen.“[7]
Die hier Abgebildeten stammen vornehmlich aus den letzten beiden Jahrhunderten und greifen damit auch die großen Kriege und Friedensinitiativen implizit auf. Am weitesten zurück geht in dieser Ansammlung Komads Leo Tolstoi (1828–1910), der mit seinem Jahrhundertroman des 19. Jahrhunderts, „Krieg und Frieden“, auf Napoleons Schlachten von Austerlitz 1805 und Borodino 1812 sowie den Brand Moskaus zurückgreift – eine Epochenchronik, die 500 Menschen empathisch nachzeichnet und dem Heroismus der Feldherrenkultur äußerst kritisch gegenübersteht. Doch zitiert ihn Komad mit dem einfachen Satz: „Jeder will die Welt verbessern, doch niemand sich selbst.“
Zenita Komad, Alle wollen die Welt verändern, aber keiner sich selbst, 2023, 150 x 110 x 15 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Die Porträts gehen aber auch bis in die aktuelle Gegenwart: Das Ausstellungssujet der Grazer Ausstellung Komads ist nämlich ein großer Schmetterling, dessen bunte Flügel ein Gesicht verdecken: Es ist jenes des Aufdeckerjournalisten und Wikileaks-Gründers Julian Assange (*1971) – aus besseren Zeiten, einer medialen Ikone der Verfolgung ob dessen Mutes, „Kriegsverbrechen der USA in Afghanistan und im Irak aufgedeckt und öffentlich gemacht zu haben, über die Opfer, Hinterbliebene und die gesamte Weltöffentlichkeit Klarheit brauchten“ (Deutscher Journalisten-Verband).[8] Wir kennen sein anderes, gealtertes Bartgesicht, das in seiner britischen Auslieferungshaft in London – vor seiner Festnahme 2019 hatte er sich dort sieben Jahre lang in der Botschaft Ecuadors verschanzt – entstanden ist. “If Wars Can Be Started by Lies, Peace Can Be Started With Truth, free@julian_assange” ist seiner „Schmetterlingsbrille“ beigegeben. Der „Joint“, den er – und alle anderen – in diesem Raum zu rauchen scheinen, ist eben jener oben genannte Bleistift in der Mehrzahl, aus dem das Seil in den Raum zu den beiden Händen an den Wänden sich verbindet. Als Besuchende der Ausstellung sind wir eben Teil der Vernetzung, auch von ihm. Es sind jeweils die Sätze, die Zenita Komad ihren Grafiken und Bildern, die oft etwas Archivarisches, Dokumentarisches, auch Ikonisches haben, beimengt und deren auf den Weg gebrachte Interferenz die Bilder zu ihrer unverwechselbaren Kunst macht. Die bereits eingangs erwähnte Bertha von Suttner (1843–1914) wird hier zu einer Art Briefmarkenskulptur mit 3D-Auswüchsen mit ihrem später ins kollektive Gedächtnis eingegangen Satz „NIE WIEDER KRIEG!“ Die US-amerikanische Nationalökonomin, Pazifistin und Friedensnobelpreisträgerin von 1946, Emily Greene Balch (1867–1961), die ab 1913 Professorin für Politische Ökonomie, Politik- und Sozialwissenschaften wurde, ob ihres Engagements gegen den Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg diesen Lehrstuhl aber wieder verlor, wird sich während ihres ganzen Lebens für den Frieden engagieren. Der Satz “True individual freedom can only exist within the collective freedom of all“ ist von Zenita Komad ihrem Abbild beigegeben. Während der Zeit des Nationalsozialismus würde ihr Pazifismus – nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor – einen deutlich anderen Akzent bekommen: Sie forderte nun den Eintritt der Staaten in den Zweiten Weltkrieg. Nach den beiden Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki aber sprach sie sich massiv gegen eine atomare Aufrüstung aus und wollte eine Friedenspartei für Frauen gründen.
Zenita Komad, Forgiveness is the Key , 2023, 150 x 110 x 15 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Die jüdische Philosophin Hannah Arendt (1906–1975) lässt Komad mit „Forgiveness is the Key“ in dieser Art von Ahnengalerie des Friedens partizipieren: In ihren Äußerungen über „Eichmann in Jerusalem“ wurde die „Banalität des Bösen“, die das Alltägliche der nationalsozialistischen Verbrechensideologie verstehbar machen sollte, zum geflügelten Wort. Die Frage „Warum brauchen wir eigentlich Waffen?“ neutralisiert Zenita Komad mit dem Porträt von Albert Schweitzer, versehen mit dem Satz: “The only Weapon we need is Love“. Das hat die Pädagogin Maria Montessori (1870–1952), deren reformpädagogisches Konzept von so vielen Eltern positiv geteilt wird, als Maxime für die Erziehung von Kindern formuliert: „Von allem ist die Liebe das Wichtigste“. Denn, auch das ist die jahrhundertealte Weisheit eines Indianerhäuptlings: „We must learn to live together as brothers and sisters“. Ähnliches lässt Zenita Komad den Begründer der analytischen Philosophie und Mathematiker Bertrand Russell sagen: „The only thing that redeem mankind is cooperation“. Als weltweit bekannter Aktivist für Frieden und Abrüstung war Russell eine Leitfigur des Pazifismus des 20. Jahrhunderts. Das Wort „Erlösung“ verwendete der bekennende Atheist in Form von Kooperation der Menschheit.
Zenita Komad, The only thing that we will redeem mankind is cooperation, 2023, 150 x 110 x 15 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Dem dänischen Physiker und Nobelpreisträger für Physik 1922 Niels Bohr (1885–1962) legt die Künstlerin für ihre Friedensgalerie den Satz “Einstein, stop telling God what to do“ in den Mund.
Zenita Komad, Einstein, stop telling God what to do, 2023, 150 x 110 x 15 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Kommentarlos hingegen steht neben Mahatma Gandhi (1869–1948), der jeweils zwei Erdhalbkugeln als poppige Augen-Brillen verpasst bekommt, und dem amerikanischen Bürgerrechtler und Pastor Martin Luther King (1929–1968) nur noch Baal HaSulam (1884–1954) da. AlsYehuda Leib HaLevi Ashlag 1884 in Warschau geboren, wurde der bereits mit 19 Jahren ordinierte Rabbi zu einem Neuinterpreten der jüdischen Weisheitslehre der Kabbala. Der „Baum des Lebens“ im benachbarten Eingangs-Ausstellungsraum geht auch indirekt auf ihn zurück.
Zenita Komad, Wir schaffen das schon, 2023, 150 x 110 x 15 cm, Foto: Ferdinand Neumüller
Das überraschendste Porträt in dieser „Friedens-Galerie“ ist vielleicht jenes des blinzelnden Nikola Tesla (1856–1943) mit seinem „Wir schaffen das schon!“ Der Namenspatron von Tesla, Inc., einem kalifornischen Hersteller von Elektroautos mit Wechselstrommotor, wird vielleicht auf den ersten Blick weniger mit dem Thema Frieden verbunden. Sein Lebenswerk ist geprägt durch zahlreiche Neuerungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik, insbesondere der elektrischen Energietechnik, wie die Entwicklung des heute als Zweiphasenwechselstrom bezeichneten Systems zur elektrischen Energieübertragung. (Der ursprünglich aus Smiljan an der Kroatischen Militärgrenze im Kaisertum Österreich, heute Kroatien stammende Tesla hat übrigens an der TU in Graz studiert!) Als Erfinder hatte er in seinem Leben 280 Patente erhalten. „Wir schaffen das schon!“ kann also zunächst auf seinen Erfindergeist hin gelesen werden. Zenita Komad hat ihn aber wohl auch deshalb ausgewählt, weil Teslas Arbeit ab 1900 zunehmend einen Hang zum Transzendentalismus und Metaphysischen erhielt. In Fachkreisen wurde er freilich schon damals als „Träumer und unpraktischer Erfinder“[9]bezeichnet. Schon damals, am Beginn des 20. Jahrhunderts, forderte Tesla, die Kräfte aus dem Äther, die das Göttliche für diese Welt bereithält, anzuerkennen. Auch propagierte er die Nutzbarmachung der Sonnenenergie als „natürliche Quelle zur Energieversorgung der Menschheit“[10]. 100 Jahre später ist Teslas Forderung eigentlich Konsens in der globalen Energiewende. „Wir schaffen das schon!“ – und das von der Künstlerin eingesetzte Blinzeln des bekannten Erfinders – ist freilich auch eine Referenz auf den berühmten Satz der früheren deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, als Abertausende Flüchtende 2015 über die Grenze aus Ungarn nach Österreich und Deutschland strömten, jenen Satz also, der zum Wendepunkt der Migrationspolitik vieler Länder Europas in den darauffolgenden Jahren werden sollte. Dem zunehmend Toxischen dieses Satzes setzt Komad nicht nur ein Blinzeln, sondern auch eine atemberaubende Erfinderfigur entgegen: „Wir schaffen das schon!“
Dialektik des Guten?
Ja, Zenita Komad geht noch weiter: In der Weihnachtsausgabe 2023 der Wiener Tageszeitung „Die Presse“, zu deren Gestaltung die Künstlerin eingeladen wurde, wurde ihr Interview mit Almuth Spiegler mit dem Satz betitelt: „Wir leben in besonders lichtvoller Zeit.“[11] Das ist jedenfalls das Gegenteil eines Weltgefühls, das gemeinhin wahrgenommen und geteilt wird.
„Die Ambivalenz hat mich immer schon fasziniert, diese Angst des Menschen vor dem freien Fall zwischen dem Dunklen und dem Hellen. Unsere Sehnsucht nach dem Licht und dem Guten wird durch das Dunkle, das wir erleben müssen, verstärkt. Insofern sehe ich die Zeit, in der wir uns gerade befinden, als eine besonders lichtvolle. Durch die Krisen, Kriege und furchtbaren Zustände in der Welt werden wir uns erst bewusst, dass wir unsere Augen öffnen müssen, um Änderungen vorzunehmen.“[12]
Ist das naiv? Unerträglich? Schwer aushaltbar? Ja ist es – angesichts der täglich angeschwemmten Bilder des Krieges, des Unrechts und der Gewalt und des darin transportierten Leids – sogar zynisch?
Zenita Komad weiß natürlich um die Dünnheit des Eises in ihren Sätzen. Man hat sie auch historisch schon oft gehört. Viele von Komads Beschwörungen erinnern an gnostische Denkmodelle, deren in der Spätantike entwickelte Muster regelmäßig wiederkehren. Doch trotz ihrer beinah Mantra-artigen Beschwörung des Göttlichen als Prinzip und als Kehrseite zum Bösen, dem es abzuschwören gilt, verblüfft dennoch ihre Entschiedenheit, dieses Gute schlicht zu wählen: Nicht als Ausdruck von Naivität, sondern als eine tatsächlich für sich gefundene Erkenntnis („Gnosis“ heißt „Erkenntnis“), dass es einen spirituellen Entwicklungsschub der Menschheit geben kann. Sie ist aber bei ihr nicht auf das Individuum beschränkt oder fixiert, vielmehr denkt sie in ihrem Ansatz das Element des jeweils anderen kategorisch mit. Alles andere wäre nämlich Isolation. Der Weg zu Gott geht demnach über den anderen Menschen. Dieser Weg schließt den Konflikt mit ein, aber im Verwiesen-Sein auf eben dieses Göttliche kann dieser auch überwunden werden. Noch einmal: Die Hände an den beiden Schmalseiten des von Komad kreierten „Friedensbüros“ erinnern in ihrer Ikonografie an die Hände des Adam und des Schöpfergotts.
Zenita Komad: Installationsansicht "Friedensbüro", 2024,
Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Ferner ist diese „Gnosis“ Zenita Komads verbunden mit einer radikalen Entschiedenheit für einen liebenden Blick:
„Die Erkenntnis der Verbundenheit, die ich hier Liebe nenne, ist schließlich auch wissenschaftlich auf vielen Ebenen erkannt worden. Etwa dass der Betrachter das, was er betrachtet, beeinflusst, wie in dem Experiment mit Schrödingers Katze. Wenn wir also davon ausgehen, dass wir die Erschaffer der Realität sind, muss eigentlich klar sein, dass wir umdenken müssen. Es geht um die Qualität unseres Denkens, dass wir es nicht zulassen dürfen, mit unserem negativen Empfinden noch mehr kriegerische Energie zu produzieren. Das, was wir in dieser Welt sehen, ist meiner Meinung nach ein Abbild unserer inneren Zustände.“[13]
Ist das eine Realitätsverweigerung oder eine Botschaft einer Seherin? Zenita Komad macht es uns nicht leicht. Und doch: Ihre Bildkontraste, die in den abschließend zu besuchenden Ausstellungszellen einsehbar sind, ihre Personengalerie für Frieden, oder der Friedenstisch mit den Büchern zum Frieden sind allesamt eingebunden in Komads leidenschaftliches Plädoyer, diese Welt trotz aller (kriegerischen) Konflikte zu transformieren: Menschliche Verbundenheit ist demnach der erste Weg zu Gott. Der Energiekreis, den sie dabei beschwört, geht über alle Nationen und Religionen hinweg.
Die Auswahl ihrer Bildvorlagen, die sie oft antiquarisch erwirbt, ist dabei ungewöhnlich und weitet ihre Texte jeweils in eine größere historische Erzählung. Aber auch die Auswahl ihrer Referenzpersonen, die sie in Anspruch nimmt, ist ungewöhnlich. Das Ausmaß ihrer durchgearbeiteten Literatur ebenso. Einen kleinen Ausschnitt davon kann man im „Friedensbüro“ am „Friedenstisch“ erblicken, wo anstelle der Tischbeine Bücher zu finden sind, die sich mit dem Frieden beschäftigen. Dabei machen allein die Buchrücken klar, aus welch unterschiedlichen Ecken die Autoren stammen, die sich mit einer „Ethik des Friedens“, einer „Biologie des Friedens“, den „Quellen des Friedens“ oder den „Prayers for Peace“ usw. beschäftigen. Komad lapidar dazu: „Es wäre alles da. Nur nehmen wir das Geschriebene nicht wahr.“[14]
Zenita Komad, Friedenstisch, 2023, 80 x 200 x 75 cm, in Kooperation mit Florian Altenburg. Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Foto: Johannes Rauchenberger
Der Friedenstisch in dieser Ausstellung, dessen Beine Bücher sind, der anschließende Südkorridor zwischen dem Minoritensaal und den abschließenden Ausstellungszellen sind freilich auch ein Plädoyer für das Lesen, das Anerkennen dessen, was schreibende Menschen zu einem Thema – wie hier des Friedens – verfasst haben. Bildung also, eine Möglichkeit, einer „hochegoistischen Fingerzeig-Gesellschaft, in der jeder jeden öffentlich denunzieren kann und die Dinge auf eine ziemliche primitive Weise abgehandelt werden“[15] die Stirn zu bieten. Was sich gerade im Netz, in dem Komad übrigens sehr präsent ist, abspielt, nennt die Künstlerin Isolation: „Die Isolation der Menschen in ihren egoistischen Welten erinnert mich an Babylon und die Sprachverwirrung: Die Leute reden dauernd, aber können einander nicht verstehen, weil sie in ihren Überzeugungen derart verbohrt sind, dass kein wirkliches Kommunizieren möglich ist.“[16] Nicht einlinige, sondern vielschichtige Kommunikation wäre demnach die zentralste Aufgabe von Bildung. Das führt sie auch als Konzept in ihrer Ausstellung vor: Der Friedenstisch, mit unterschiedlichen Stühlen bestückt, dient der Kommunikation. Und so wie die Tischbeine aus Büchern die Friedensansätze miteinander verbinden, vernetzt die Künstlerin die Porträts an der Wand als „Ahnengalerie des Friedens“ mit roten Fäden. Auffällig ist, dass auf allen Gesichtern geometrische Kraftlinien darübergelegt bzw. gezeichnet sind, aus denen dann irgendwo – meist aus der Mitte – ein Bleistift sprießt. Die Künstlerin bezieht sich dabei auf „heilige Geometrien, die in allen alten Religionen übrigens vorkommen. Sie bilden aber auch den klassischen roten Faden, der sich durch mein Werk zieht. So banal ist es manchmal auch.“[17]
Beschwörung des messianischen Friedens
Diese roten Fäden werden an der Stirnwand erneut aufgegriffen, ja es fließen dort zwei Bewegungen zusammen: Die Seile aus der Friedensgalerie im Raum, die sich in den beiden Händen an der weißen Wand verknüpfen und die Fäden eines imaginären Diamanten.
Er ist gleichsam ein vorbereitendes Bild zum „Diamanten“ im angrenzenden Gang, der – aufgefüllt mit zwölf Lehmplatten an der Wand montiert ist: Versucht man, diese Einzelplatten zu einem Satz zu formen, so wird sich schließlich: „KEINE NATION WIRD GEGEN EINE ANDERE DAS SCHWERT ERHEBEN, UND SIE WERDEN DEN KRIEG NICHT MEHR LERNEN“ ergeben. Die Lehmplatten sind mit Schnüren verbunden, die aus Kupferstangen kommen – oder eben veschwinden.
Zenita Komad, Keine Nation wird gegen eine andere das Schwert erheben, und sie werden den Krieg nicht mehr lernen! 2023, Installation, 12-teilig, je 41 x 31 cm, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Das Zitat ist aus dem Buch des Propheten Jesaja entnommen (Jes 2,4), aber es findet sich auch beim Propheten Micha (Mi 4,3). Der Diamant ist auch ein direktes Bindeglied zum nächsten Bildobjekt in diesem Südkorridor des Klosters, der die Bezeichnung „Friedensuhr“ trägt. Auch dieses beschwört mit seinem Zitat den messianischen Frieden. Derartige Uhren finden sich freilich mehrfach hier: Im ersten Hof des alten Klostergebäudes prangt an der Kirchenwand ein „Mariahilf-Emblem“, das man im Rücken hatte, bevor man die Treppen stieg: Es ist eine Sonnenuhr. Hier aber enthält die Uhr anstelle der üblichen Ziffern Buchstaben, die auf Lehmplatten den Satz „ES WIRD FRIEDEN SEIN UNTER SEINEN ZWEIGEN“ formen.
Zenita Komad, Es wird Frieden sein unter den Zweigen!, 2023, 12-teilig, je 41 x 31 cm, Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Aus der Mitte der Tafeln kommen Schnüre, die in der Mitte durch eine Kupferstange verbunden sind. Wenngleich es ein einfacher Satz ist, klingt dabei der messianische Frieden an, wie er in manchen Stellen des Ersten Testaments zu lesen ist, am bekanntesten wohl in den Büchern der Propheten Jesaja (Jes 2,4) und Micha: „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg. Jeder sitzt unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum und niemand schreckt ihn auf. Ja, der Mund des Herrn der Heere hat gesprochen” (Mi 4,1-4). Die Positionierung an der Fensterseite des Südgangs gibt den Blick in den Hof zum Minoritensaal frei, der ab Ostern 2024 die Installation „NIE WIEDER KRIEG!“ beherbergt. Gleichzeitig ist sie memnotechnisch der Link zum Anfang dieser Ausstellung mit dem „Friedensbaum“.
Schließlich, Treppen abermals hinauf, ein Ausblick im verlängerten Gang des Südflügels – dieses Mal im ältesten Teil des Klosters – ein Haufen an Steinen. Am Ende schließlich – genau dort, wo in der Ausstellung „IRREALIGIOUS. Parallelwelt Religion in der Kunst“, in der Zenita Komad im Jahr 2011 das erste Mal im KULTUM die Objekt-Bild-Installation „(ICH) VERZEIH MIR (UND ALLEN ANDEREN)“[18] präsentierte, positioniert Zenita Komad nun ein Objektbild aus Lehm, auf dem Buchstaben angebracht sind, deren Entzifferung den Satz aus dem 8. Kapitel des Johannes-Evangeliums, Vers 7, ergibt: „WER VON EUCH OHNE SÜNDE IST, WERFE DEN ERSTEN STEIN.“
Zenita Komad, Wer von euch ohne Sünde werfe den ersten Stein,
2023, 200x150, Installation mit Steinen und Sand. Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024, Kurator Johannes Rauchenberger, Foto: Ferdinand Neumüller
Damit holt Zenita Komad all ihre bisherigen bildnerischen Interventionen, ihre Visionen, ihre beschworenen Mitstreiterinnen und Mitstreiter „auf den Boden“. Das jesuanische „… auch ich verurteile dich nicht“, das unmittelbar in dieser Geschichte an die geforderte Steinigung der Ehebrecherin im Evangelium anschließt, ist das Helle aus einer Großerzählung von Religionen, das Selbsterkenntnis und Selbstannahme möglich macht – als die Voraussetzung für Frieden.
Starke Text-Bildkontraste
So ist das vorläufige Ende dieses „Ausstellungsweges“ zum Thema Frieden in Form von biblischen Objekt-Schriftbildern – als „Friedensuhr“, als Diamant –, einer „Ahnengalerie“ von Friedensfiguren, die allesamt miteinander vernetzt werden, einer „Tischbein-Bibliothek“ zu einer Zusammenkunft, in der man miteinander spricht, das erneute Einfallstor zu den Grafiken Zenita Komads in ihrer ganz spezifischen Sprache aus Text und Bild. Deren Botschaften werden vor allem aus den Bildkontrasten stark. Im Kontext des Ausstellungsortes haben sie als solche sogar eine historische Referenz in den Kartuschenbildern an der Decke des Minoritensaals, die in der Tradition damaliger Emblematik historische biblische Szenen mit lateinischen Kurzsätzen verbinden. Manche von Komads Sätzen könnten auch dort stehen: “Tune into Divinity”[19], “Forgive me Israel & Ishmael”[20], “The Kingdom of G-d is within you. Your Prayer is healing the world”[21], “You were born with wings, why prefer to crawl through life?”[22], “God is the Connection of Love between People. All the suffering stems from the absence of God”[23], “Love will cover all transgressions”[24], „Wir können nur mit Gott reden, wenn wir unsere Arme, so gut wir können, um die Welt legen und die Wahrheit der Liebe in alles hineintragen“[25], “Your wound is probably not your fault, but your healing is your responsibility as the wound is the place where the light enters you”[26].
Zenita Komad:
Every Action that does not result in Love is the wrong Direction, 2023, Objektzeichnung, 30 x 40 cm, Sammlung Geberth |
- Vergebung ist die größte Rache, 2023, 54 x 45 cm |
- Aug um Aug und die ganze Welt wird erblinden, 2021,
Objektzeichnung, 40 x 30 cm. Sammlung Geberth |
- We are dealing with eternity, perfection, infinite fullfilment, knowledge and love. That’s our Future, 2023, 60 x 40 x 25 cm
Sammlung Schernthaner |
- Wer schweigt stimmt zu, 2022, 40 x 33 cm |
- I do not understand anything. I am spinning in zero gravity and I do not feel where I am or what is happening to me. This is called the world of infinity, 2021, 40 x 30 cm
- Das Denken lernen wir ..., 2022, 54 x 45 cm
- Zeit zuzuhören, 2022, 40 x 30 cm
Lisa und Alexander Geberth
-
- Du, 2022, Objektzeichnung, 50 x 40 cm
- Love will cover all crimes, 2023, 40 x 60 cm,
Ausstellungsansicht: Zenita Komad: Nie wieder Krieg! KULTUMUSEUM Graz, 3.2.–26.5.2024
Foto: Johannes Rauchenberger
Über den hl. Franziskus von Assisi, der 1224 die Wundmale Christi erhält, steht zum Beispiel in einem der Deckengemälde im Stiegenaufgang zum Minoritensaal: „UT SANOR VULNEROR“ – „Um heil zu werden, werde ich verletzt.“
Aber nicht alles in ihren Grafiken in den Zellen ist derart transzendenzbeladen. Es gibt auch schlicht den Satz: „Pessimismus ist ein Luxus den wir uns nicht leisten können“[27]. Oder: „Lachen ist die eleganteste Art deinen Kritikern die Zähne zu zeigen“[28]. Das Denken jedenfalls ist Komads ständiger Begleiter, und dabei gilt es auch zu erkennen: „Wer über gewisse Dinge seinen Verstand nicht verliert, der hat keinen zu verlieren!“[29] Das Denken jedenfalls, so die Künstlerin, kann, nein, muss die Menschheit ändern: “The world as we have created it is a process of our thinking. It cannot be changed without changing our thinking.”[30]